Gewalt in der Kita

Habt ihr eure Kinder mal mit schlechtem Gewissen in die Betreuung gegeben? Heute erzähle ich euch eine Geschichte – ich nenne sie mal Dokumentation des Grauens – aus einer Kita. Sie könnte in eurer Nachbarschaft sein, sie könnte ums Eck sein, sie könnte eure sein. Die Problematik mit den Kitas spitzt sich zu. Viel zu viele Kinder, viel zu wenige Plätze. Einerseits möchte der Staat mehr Nachwuchskräfte, auf der anderen Seite bietet er aber keine Möglichkeiten an, diese auch adäquat betreuen zu lassen.

Darum soll es in diesem Beitrag gehen. Um mangelhafte Qualität von Kitas, um verzweifelte Eltern, die ihre Kinder einiges ertragen lassen, nur, weil sie Angst um ihren Platz haben. Kindswohlgefährdung, mangelnde Hygiene, Aufsichtspflichtverletzung – scheinbar keine Seltenheit in den Kitas. Und doch sind Eltern die Hände gebunden, da sie zu viel riskieren: Ihren Platz, ihren Job, ihre Existenz. (M)eine Dokumentation für eine deutsche Kita, die exemplarisch für mehrere Einrichtungen steht und die Machtlosigkeit vieler Eltern und vielleicht auch Kita-Mitarbeitern.

[Anmerkung: Bei dieser Dokumentation sind alle Daten anonymisiert. Ich verrate keinen Standort, keine Namen. Die Angaben sind alle durch verschiedene Kommunikationswege (digital, persönlich usw.) an mich herangetragen worden. Es liegt Bildmaterial, Audios und Videomaterial als Beweis vor, die der Öffentlichkeit allerdings nicht zugänglich gemacht werden, um die Personen zu schützen.]

Kitaplatz-Mangel zu Lasten der Betreuungsqualität?

Kitaplatz-Mangel – ein Evergreen-Thema arbeitender Eltern. Entweder es gibt keinen Platz, oder zu wenig Erzieher oder beide Faktoren treffen zu. Eltern steht der Schweiß auf der Stirn und viele möchten ihr Kind am Liebsten schon mit dem positiven Schangerschaftstest anmelden. Sobald die Schwangerschaft bestätigt ist, stehen Eltern aktuell unter Druck: Erst stellt sich die Frage nach einer Hebamme (viele Schwangere können nicht mehr voll versorgt werden). Dann muss ein Krankenhaus her, dessen Kreißsaal nicht überfüllt ist.

Ist das Baby dann endlich angekommen, sorgen sich die Eltern um die Zukunft.  Meistens betrifft es – leider – vor allem noch Mütter: Bekommen wir einen Kita-Platz? Lassen sich die Öffnungszeiten mit den Arbeitszeiten vereinbaren (unsere Kita schließt Freitags um 15.15 Uhr)? Kommt unser Kind gut in der Kita zurecht?

Der Druck ist groß und Eltern lassen sich dadurch auf so einige Einbußen ein: Statt 40 Stunden eben nur 35 Stunden arbeiten, damit man die Kita-Zeiten abdecken kann. Statt dem Wunschkonzept Montessori-Kindergarten, wird es eben eine andere Pädagogik. Statt einem rundum glücklichen und gesunden Kind, nimmt man Schmerzen und weinende Kinder in Kauf, die sich mit Händen und Füßen gegen die Kita wehren. Klingt dramatisch und überzogen. Ist aber leider genau so vorgefallen. Ich möchte euch im folgenden nun die Zustände einer Kita schildern. Es handelt sich um eine Art Dokumentation, die an die Behörden (in ähnlicher Form) weitergegeben wurde.

Dokumentation Anfang.

Fall 1: Hygiene-Desaster

In der Gruppe „Anonymus“ gibt es große Probleme mit der Intimhygiene. Die Kinder, die teilweise noch gewickelt werden, kämpfen zum Teil mit wunden Stellen am Po. Dieser Zustand hat sich vor allem in diesem Kitajahr verstärkt. Hier liegt – für mich – klar eine Kindeswohlgefährdung vor.

Der Zustand wurde bei der Elternbeiratssitzung thematisiert und nach Handlungsvorschlägen verlangt. Allerdings war die Aussage der Leitung, dass das Problem zwischen Eltern und Erziehern liegt und die Eltern persönlich vorstellig werden müssen. Auszug aus dem Sitzungs-Protokoll:

„Wenn Eltern ein Problem mit einer bestimmten Person aus der KiTa haben, sollen sie zunächst das direkte Gespräch aufsuchen. Wenn nach einem Gespräch keine
zufriedenstellende Änderung stattgefunden hat, müssen umgehend Frau Kitaleiterin oder Frau stellvtr. Kitaleiterin informiert werden. Alternativ können Eltern ihre Probleme mit Mitgliedern des Elternbeirats besprechen und gemeinsam nach einer Lösung suchen“.

[Anmerkung: Das klingt nach einem gut durchdachten Vorgehen. Allerdings scheiterte dies in der praktischen Umsetzung: Bemühungen des Elternbeirates mit der Leitung zu sprechen, wurden abgeschmettert. Es läge an den Eltern sich an die Erzieher zu wenden. Das wurde mehrmals getan. Ohne Erfolg.]

Der Einwand, dass Eltern Angst hätten, sich direkt an die Leitung zu wenden, weil sie eine Schlechterbehandlung ihrer Kinder befürchten, wurde mit „das ist ja lächerlich. Mein Team ist professionell genug, damit umzugehen“ abgestritten.

Eine Reihe betrüblicher Ereignisse

2. November:
Kind 1 Unterhose ist durch Kot stark verunreinigt. Es handelt sich dabei nicht um die üblichen Bremsspuren. Das Kind (damals 2 Jahre) ist noch zu jung, um sich allein am Po zu säubern und auf Hilfe angewiesen. Angeblich habe man den starken Geruch nicht bemerkt.

Eine Absprache mit der Leitung war nicht möglich, sie habe keine Zeit.

20. November:
Kind 2 (3 Jahre alt) liegt weinend im Bett, da ihr Po stark gerötet ist und sie Schmerzen hat. Die Mutter hat die Erzieher mehrmals darauf hingewiesen, dass das Wickeln nicht klappt und ihr Kind wund sei. Auch sie hatte schon mehrmals die Probleme angesprochen. In einem protokollierten Gespräch wurden die Punkte schließlich festgehalten. Mittlerweile ist die Familie umgezogen, das Kind besucht eine andere Kita.

14. Dezember:
Kind 1 wurde beim Abholen im Flur angetroffen. Komplett eingepinkelt. Das wurde von den Erzieherin nicht wahrgenommen.

15. Dezember:
Erneut war die Wäsche von Kind 1 von Kot verunreinigt. Die Frühstücksbox wurde nicht geschlossen und hat die Tasche verdreckt.

25. Januar:
Erneut Kot in der Unterwäsche von Kind 1.

Mutter von Kind 1 schwenkt wieder zu Windeln, da das Kind mehrmals verkotet/voll Urin war.

9. April:
Volle Windel bei Kind 1 entdeckt – Sie wurde über den gesamten Tag 1 Mal gewickelt (Aussage d. Kindes)

12. April:
Volle Windel bei Kind 1 – Wurde gar NICHT gewickelt, kein Windelplan vorhanden.
Erzieher hatten keine Lust Windel zu wechseln (Aussage d. Kindes)

Erzieher wurden auf das Nicht-Wechseln angesprochen. Zunächst wurde das abgestritten. Nach einem Gespräch mit Kollegen, wurde dies jedoch eingeräumt. Das ist nicht das erste Mal. Die Mutter berichtete, ihr Kind sei an einem anderen Tag mit der gleichen Windel heim gekommen, mit der es sie abgegeben hatte: die Windel war randvoll. Sie konnte das pruprü, da sie in der Kita eine andere Windelmarke abgegeben hatte, als sie zu Hause nutzt.

18. April:
Kind 3- wurde heute nicht gewickelt und trug am Nachmittag noch die Windel vom Morgen.

[Anmerkung:  Die Mütter haben in der Kita mehrmals mit den Erziehern gesprochen und die mangelnde Hygiene wieder und wieder angesprochen. Die aufgeführten Fälle sind nicht die einzigen Problemfälle. Allerdings sind diese durch Bilder/Sprachaufzeichnungen etc. gesondert belegbar. Es gab etliche weitere Tage mit dreckiger Unterwäsche, volle Windeln und Co. Allerdings zeigt die Auflistung klar, dass das Problem seit Längerem besteht und totz Gesprächen keine Besserung erfolgt ist.]

Ideen vom Elternbeirat nicht erwünscht

Auch der Elternbeirat ist diesbezüglich auf die Leitung zugegangen, mit der Idee, dass es vielleicht helfen würde, wenn man das System überdenken oder andere Mitarbeiter Hilfestellung geben. Leider wurde das Gesuch des EB´s nicht angenommen. Die Situation blieb schlecht. Die Mutter von Kind 1 hat ihre Tochter mehrmals eingepinkelt aus der Kita abgeholt. Angeblich wurde dies nicht bemerkt. Auch Mutter von Kind 3 hat davon berichtet, dass ihrem Kind zu wenig die Windeln gewechselt werden würde und sie diese bereits öfter in nassen Hosen abgeholt hat.

Die Eltern von Kind 1 hatten im April ein Elterngespräch mit dem Bezugserzieher. Hier wurden die Punkte bzgl. der Hygiene auch nochmal angesprochen sowie Verbesserungsvorschläge zur Organisation gemacht. Erzieher war hierbei verständnisvoll und will die genannten Vorschläge weitertragen. Nach diesem Gespräch gab es leider weitere Vorfälle…

[Lösungsvorschläge: Es müsste anerkannt werden, dass es ein Problem mit dem Ablauf gibt. Der Windelplan sollte stets im Blick behalten werden – In einer vorliegenden Situation konnte er nicht einmal aufgefunden werden. Womöglich hilft es täglich einem Mitarbeiter konkret die Aufgabe zukommen zu lassen, den Windelplan im Blick zu halten und ggf. seine Kollegen darauf anzusprechen, dass eine Kontrolle an der Zeit wäre. Die Kinder sollten regelmäßig gewickelt werden – nicht nur, wenn sie aus allen Nähten platzen, sondern auch gern „auf Verdacht“. Kinder, die keine Windel mehr tragen, sollten aktiv aus der Spielsituation herausgenommen werden, damit sie sich bewusst werden können, ob sie auf die Toilette müssen. Kindern sollte – sofern sie es zulassen – beim großen Geschäft immer ein Erzieher zur Seite stehen.]

Fall 2: Gewalt gegenüber Kindern

Erzieher X wird vorgeworfen Kind 1 auf den Hinterkopf geschlagen zu haben. Das Kind habe nach eigener Aussage das Handy von Erzieher X entwendet und daraufhin wurde ihr gegen den Kopf geschlagen. Erzieher X ist allgemein als temperamentvoll und grob unter den Eltern bekannt.

Es gab ein Gespräch mit der Leitung. Die Eltern haben deutlich gemacht, dass auf Grund dieser und weiterer Ereignisse das Vertrauen in Erzieher X beschädigt ist, und haben nachdrücklich gefordert, dass Kind 1 die Gruppe wechseln soll. Leider war das kein Einzelfall. Erzieher X fällt Eltern immer wieder aufgrund ihrer groben Art mit den Kindern auf. Im Gespräch läuft es meistens so ab, dass von einem Erzieher gesprochen wird, der grob zu den Kindern war und sofort der Name von Erzieher X fällt. Das ist auffallend und sollte zu denken geben.

Konkrete Vorfälle sind beispielsweise:

Vor ca. 2,5 Jahren
Kind 4 hat ihrer Mutter berichtet, dass Erzieher X sehr stark wäre. Sie habe sie sehr grob am Handgelenk gepackt. Die Mutter hat daraufhin das Gespräch gesucht und Erzieher X unmissverständlich klar gemacht, dass sie ihr Kind nicht mehr anzufassen hat. Das Kind wurde seither ignoriert. Mutter und Erzieher X behandeln sich seither „wie Luft“.

Vor ca. 2,5 Jahren (editiert)
Die Eltern von Kind 5 baten um Löschung. Die Angst durch mögliche Folgen durch die Leitung sei zu groß.

Letztes Jahr:
Ein Kind wurde geschimpft und dann von Erzieher X im Zangengriff am Oberarm über den Spielplatz (auf dem Außengelände) gezerrt.

22. März:
Eine Mutter beobachtet, wie Erzieher X Kind 1 zunächst anschreit. Anschließend nimmt sie das selbstgemalte Bild von Kind 1 und zerreißt es vor ihren Augen. Die Mutter schritt aus Angst nicht ein, berichtete der Mutter von Kind 1 aber davon.

17. April:
Erzieher X schlägt Kind 1 auf den Hinterkopf nachdem sie das Handy entwendet hat.

Aussage gegen Aussage

Ein Gespräch mit der Leitung ist erfolgt. Diese hat klar Stellung bezogen: „Wenn Erzieher X das getan hätte, würde sie es auch zugeben!“. Demnach stellt sie das Kind als Lügner dar. Wenn dies ein Einzelfall gewesen wäre, könnte der Verdacht aufkommen, dass das Kind eine Situation eventuell falsch aufgenommen und bewertet hat.

Da das Kind aber nicht das einzige war, welches einen gewaltvollen Umgang erfahren hat ( die Summe mehrerer Einzelfälle bleibt nicht Einzelfall liebe Kita-Leitung), besteht der Verdacht, dass Erzieher X überarbeitet ist und sich nicht im Griff hat – eine Gefahr für die Kinder darstellt, die ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung haben!

Novellierung des § 1631 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), des sog. Züchtigungsparagraphen. Seit November 2000 gilt: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Erziehungsmaßnahmen sind unzulässig”.

[Anmerkung: Generell geht es in der Kita eher „klassisch“ zu. Das Befördern der Kinder via „Zangengriff“ über den Hof ist genauso präsent auf der Tagesordnung, wie das Anschreien der Kinder. Auch gab es Beobachtungen zur Isolation der Kinder (in der Art „Stille Treppe“), Androhung von Bestrafungen und Stigmatisierung von „Unruhestiftern“. Die etwas altertümlichen Methoden werden von der Belegschaft akzeptiert und angewandt, obwohl sich die Kita selbst als bedürfnisotientiert einordnet.]

Resümee Fall 1 und 2

Das Vertrauen in die Gruppe ist zutiefst erschüttert. Mutter von Kind 1 möchte einen sofortigen Wechsel ihrer Tochter in eine andere Gruppe. Diesem Wunsch wurde vorerst nicht nachgekommen, da die Gruppe angeblich voll sei. Jedoch ist dies ungeachtet dessen die klare Forderung der Eltern. Anfang des Jahres ist bereits ein Kind aus der Gruppe ausgeschieden, zum 1. Juli wird ein weiteres Kind die Gruppe verlassen, daher sollten eigentlich Kapazitäten vorhanden sein, um das Kind aufzunehmen.

Allgemein muss eine Verbesserung der Abläufe in der Gruppe erreicht werden. Die Erzieher wirken überlastet. Vielleicht hilft eine Evaluierung eines neuen Windel-Plans. Zudem könnte eine Schulung angeboten werden, die sich mit dem Entzerren des Kita-Alltags und Prävention vor Burn-Out befasst. Gerade im Fall von Erziehern, die zu Gewalt und Strafen statt Liebe und Verständnis greifen, könnte dies eine Verbesserung der Betreuungsqualität ermöglichen. Die Erzieher benötigen frische Perspektiven und Anknüpfpunkte.

Auch eine Schulung in puncto bedürfnisorientiertes/beziehungsorientiertes Handeln von Erziehern in Kitas kann helfen, den Kita-Alltag zu entspannen und neue Impulse im Umgang mit den Kindern zu finden. Dafür könnte ich beispielsweise Beraterin Tina Musterdorf empfehlen. Sie berät zur Gewaltfreien Konfliktlösung im Umgang mit Kindern.

Dokumentation Ende.

Die Fachberatung hilft nicht weiter

Die Dokumentation der Vorfälle ging – inklusive eines persönlichen Vorgesprächs – bei der Fachberatung ein. Die Einschätzung: Alles ist gut.

„In dem mir nun vorliegenden ausführlichen und hochprofessionellen Bericht/ Protokoll der Kolleginnen ersehe ich, dass inzwischen alle in Ihrer Mail vorgebrachten Themen mit den betroffenen Kindern und Sorgeberechtigten, Sie eingeschlossen, einvernehmlich geklärt werden konnten.“

Das stimmt nur leider nicht. Im Gespräch wurden die Eltern eingeschüchtert. Die Mutter von Kind 1 hat ausdrücklich erläutert, dass sie ihrem Kind glaubt. Der Vorfall sei passiert. Da es aber keine Zeugen gäbe, könne sie nichts weiter tun und hat eingelenkt. „Was soll ich jetzt auch schon sagen?“ Die Leitung bestand darauf, den Fall nun abzuschließen. Außerdem sprach sie immer wieder von „Einzelfällen“, um die Kritik zu mildern.

Die Mutter hat nach wie vor ein schlechtes Gefühl und hatte überlegt ihren Job aufzugeben, um das Kind selbst zu betreuen. Das ist aufgrund der persönlichen Umstände allerdings kompliziert. Sie hat das Kind nun bei anderen Einrichtungen angemeldet und hofft, dass das Kind noch einen neuen Platz erhalten wird. Ein Gruppenwechsel wird zum Sommer erfolgen. Nur leider wird das ihrem Kind zwar helfen, den anderen Kindern, die unter den Methoden leiden müssen, nicht.

Resignation gegen ein abgekartetes Spiel?

Ich kann sie einerseits verstehen, dass sie aufgibt und nich mehr weiter kämpft. Andererseits wird das Problem nur leider immer wieder verlagert. Einfach nur, weil die Leitung am längeren Hebel sitzt und Sachverhalte völlig falsch darstellt (das hat sie in Elternbeiratssitzungen bereits bewiesen, indem sie eigene Aussagen alter Sitzungen in neuen Sitzungen verleugnet hat). Auch wurden schon Regeln aus dem Boden gestampft, die angeblich „schon immer“ da waren. Demnach habe ich das beengende Gefühl, dass im Gespräch zwischen Leitung und Fachberatung nicht mit offenen Karten gespielt wurde bzw. die Situation anders dargestellt wurde, als sie letztlich ist.

Auch in puncto Hygiene, welcher mehrmals von Eltern UND dem Elternbeirat kritisiert wurde, wird ebenso nichts unternommen:

„Ich gehe daher davon aus, dass es Ihrerseits keinen weiteren Bedarf der Unterstützung durch mich gibt. Neben den meinerseits geführten Gesprächen, habe ich die von Ihnen vorgelegten Dokumentationen und Anlagen anonymisiert dem Zuständigen Kollegen aus der Abteilung Kinderschutz im Amt für Kinder Jugend und Familie vorgelegt. Dieser hat deutlich unterstrichen, dass keine Anzeichen von Kindeswohlgefährdung vorliegen.“

Ich frage mich in welchem Ausmaß Probleme auftreten müssen, damit der Kinderschutz also tätig wird. Eitrige Popos vielleicht? Ich bin zutiefst schockiert über diese Mail. Vor allem über den Abschluss:

„Grundsätzlich möchte ich noch einmal die Aussage im Protokoll der Elternratssitzung vomunterstreichen, die darauf hinweist, dass Anliegen jedweder Art zunächst über die päd. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kita geklärt werden sollen.“

Persönliche Zweifel am System

Die Eltern HABEN mehrmals, immer und immer wieder auf Misstände hingewiesen. Nichts ist passiert. Mein Vertrauen in die betroffene Stadt, in die Behörden und den Kinderschutz ist zutiefst erschüttert. In was für einer Gesellschaft leben wir, in der Kritik und Ängste der Eltern nicht ernst genommen werden? Wenn wunde Pos und eingepinkelte Kinder völlig normal sind? In der Gewalt gegen Kinder akzeptiert wird? Neben den hier aufgeführten Vorkomnissen gab es eine Palette weiterer Ereignisse.

Bereits der Elternbeirat des letzten Kita-Jahres hat versucht Misstände in der Kita aufzuzeigen – erfolglos. Der Vorstand wurde von der Leitung als Unruhestifter betitelt, der die Eltern aufwiegeln würde. Auch dabei ging es um Hygiene. Zudem gab es weitere Vorfälle: Ein Kind (ca. 2 Jahre) zog sich eine Platzwunde zu, niemand konnte so recht sagen, was passiert ist. Eltern, deren Kinder die Treppe heruntergeschubst werden, wird am Telefon erzählt sie seien lediglich gestürzt… Für mich persönlich erscheint es, als würde so einiges unter den Teppich gekehrt werden.

Eine Mutter hat in einem anderen Fall Kritik an der Kita gegenbüber der Leitung geübt. Aussage der Leitung: „Suchen Sie sich eine andere Kita, wenn es Ihnen hier nicht gefällt!“

Der längere Hebel

Mein ganz persönlicher, ehrlicher Eindruck ist, dass die Kitas sich hier in einer höheren Position sehen. Immerhin sind Eltern die Bittsteller. Diejenigen, die auf die Plätze angewiesen sind. In diesem geschilderten Szenario warten derzeit 2.000 Eltern auf einen Kita-Platz. Es ist schwierig, überhaupt angenommen zu werden. Demnach nimmt man eben auch so Einiges in Kauf. Es tut mir wirklich sehr weh, wenn ich diese Vorfälle lese und wie damit umgegangen wird.

Mir fehlt völlig das Verständnis, wie das von statten gehen kann. Mich beschleicht das Gefühl, dem Staat ist der Nachwuchs so lange egal, wie er nicht Geld heranschaffen kann, um Steuern zu bezahlen. Das geht mit der Hebamme los und hört mit dem Altenpfleger auf. Ich bin traurig und wütend. Sehr sehr wütend. Und leider scheint diese Situation kein Ausnahmefall zu sein:

„Kitas sollen die Jüngsten behüten. Doch mehr als 2.000 Erfahrungsberichte zeigen: Mancherorts herrschen schlimme Zustände. Bund und Länder aber schauen weg. (Zeit Online).“

Regeln zur Kommunikation

Ich bin nicht sicher, ob es hier ein Wegschauen, oder „Verfälschen“ von Situationen ist. Aber auch bei dieser Kita hier läuft gewaltig was schief. Nachdem die Dokumentation an den Fachbereich eingeschickt wurde, gab es übrigens eine Sitzung mit dem Elternbeirat. Die Leitung hat ein Dokument mit neun Kommunikations- und Umgangsregeln verteilt, die die Mitglieder unterschreiben sollten. Eine Maßnahme, die zeigt, wie stark das Vertrauensverhältnis wohl beschädigt ist.

Böse Zungen behaupten sogar, der Leitung ist das Engagements des Rates zu viel und möchte eine Art „Maulkorb“ verhängen. Immerhin ist sie stark darum bemüht, dass Eltern nicht untereinander über Probleme sprechen, sondern das Ärgernis direkt an die Erzieher getragen wird. Und zwar nur dort hin. So gibt es gar kein Gesamtbild über die aktuelle Kita-Situation oder dem Zufriedenheitsspiegel.

Hand auf´s Herz? Könntet ihr eure Kinder vertrauensvoll in die Hände dieser Kita geben? Ohne schlechtes Gewissen? Ich könnte es nicht. Wie schlimm muss der Druck sein, der auf Eltern lastet, die Vorfälle wie diesen in Kauf nehmen. Aber vielleicht seid ihr ja auch der Meinung, dass ein paar „Einzelfälle“ völlig legitim sind. Solang es vielleicht nicht die eigenen Kinder sind? Oder gehören wunde Pos und Gewalt in den Kita-Alltag, weil die Erzieher es ohnehin schwer genug haben? Lasst es mich wissen.