Kita Ohnmacht: Probleme mit dem Betreuungsplatz

Erinnert ihr euch noch daran, dass ich fröhlich erzählt habe, dass es Claire in der KITA gut geht und ich sie dort guten Gewissens abgeben kann? Nun ja, das ist nicht mehr so. Gar nicht mehr. Aktuell jammert sie, wenn ich sie morgens abgeben will. Heute brach sie in Tränen aus. Da sie neuerdings „eingesperrt“ (dazu komme ich später) werden, stand sie weinend an der Tür. Eine Erzieherin – die angeblich schon öfter mit barschem Verhalten auffiel – zog sie grob am Arm zur Gruppe. Statt sich zu ihr zu knien, sie vielleicht auf den Arm zu nehmen, TROST zu schenken. Ich stand auf der Straße und war fassungslos. Ich musste die Tränen zurückhalten und mich beherrschen nicht hineinzurennen und der Erzieherin ins Gesicht zu schlagen (eigentlich halte ich nicht viel von Gewalt, aber bei meiner Tochter werde ich zum Tier). Ob sie Claire danach getröstet hat? Das kann ich nicht sagen, da war dann leider die Rutsche im Weg. Ich kann es mir allerdings nicht wirklich vorstellen.

Aktuell habe ich aber auch so einen Zorn auf die Kita – Zorn und Wut die sich angesammelt haben, seit eine neue Leitung vor Ort ist… Eigentlich war ich froh, dass die Kita nach knapp 1 Jahr „Führungslosigkeit“ (die Leiterin hatte gekündigt und die Stadt hat ewig keine neue Leiterin gefunden, dann musste diese Kündigungsfristen einhalten etc.) wieder angeleitet wurde. Die „Ersatz“-Leiterin hatte eigentlich einen recht guten Job gemacht. Irgendwie hat sie die Truppe beisammengehalten und es lief. Eine neue Leitung war eben aber notwendig, damit es nicht „nur läuft“. Eine Kita ist ja ein Ort an dem man sich wohlfühlen sollte, Kinder wie auch Erzieher. Nur, wer Spaß an der Arbeit hat, kann wirklich authentisch sein. Kleine Kinder spüren, wenn man sie veralbert. Und das war eben noch nicht gegeben – was kein Vorwurf sein soll. Die Stellvertretung hatte alles in ihrer Macht Stehende getan – zumindest die Wirkung nach außen. So.

Die neue Leitung macht sich direkt unbeliebt

Nun kam also eine neue Leitung. Wir – der Elternrat – hatte sich erhofft, dass nun endlich Struktur und Ordnung einkehren würden. Unsere Kita verfolgt(e) das „offene Konzept“. Das war für mich persönlich sehr wichtig, weil ich möchte, dass Claire viel Entscheidungsfreiheit und Selbstständigkeit hat. Doch mit dem Konzept sollten dennoch Werte vermittelt werden, es muss eine klare Linie oder Zielsetzung geben, wohin der Weg führen soll. Den gab es nicht. Wir hatten diese Linie bei der alten Leitung als Elternrat angefordert, aber nie erhalten. Gespräche wurden umgangen, Treffen gemieden. Wir hatten gehofft, dass es besser werden würde, wenn frischer Wind da ist. Weit gefehlt. Das erste, was die neue Leitung eingeführt hat: Spielzeugverbot.

Früher war es so, dass die Kinder immer ein Spielzeug ihrer Wahl mit in die Kita nehmen konnten. Für Claire war es morgens ein Highlight auszusuchen, wen sie in die Kita mitnehmen kann. Das hat ihr auch Halt gegeben – von Anfang an. Und plötzlich dürfen sie es nicht mehr. Das hat Claires Anpassung für´s erste doch beeinträchtigt. Sie war traurig, hat es nicht verstanden – ich auch nur bedingt… Allerdings wurde es durch einen festen Freundeskreis und „beste Freundinnen“ sehr viel besser. Sie freute sich auf die Kita, wollte nachmittags nicht mit nach Hause. Klar, es gab Tage, da hatte sie keinen Bock aufzustehen. Aber die haben wir alle.

Dies war der erste Streich, doch der zweite…

Als Elternrat waren wir natürlich versucht die Situation in der Kita anzusprechen, um Missstände aufzuheben. Wir haben uns zunächst als Gruppe zusammengesetzt und gemeinsam Probleme erarbeitet, die wir gern mit der neuen Leitung absprechen wollten. Wir haben einige für uns wichtige Punkte erarbeitet, darunter auch Missstände am bisherigen Konzept, aber auch weitere Probleme. Diese wollten wir der Leitung gern vortragen und darüber sprechen. Die Leitung aber, wollte das irgendwie gar nicht. Sie war nämlich dabei selber ein neues Konzept zu entwickeln – ohne uns als Rat mitwirken zu lassen.

„Ich dachte mir nur: Der Elternrat hat nix zu sagen.“

An einem Elternabend, an dem der Elternrat sowie die Erzieher anwesend waren, hat sie uns das fertige Konzept vorgestellt. Klar, wir konnten Anmerkungen machen. Aber da war die Kuh schon auf dem Eis. Große Änderungen hätten wir nicht bewirken können, so blieb nur abwarten… Weitere Punkte konnten am selbigen Abend aber aus „Zeitmangel“ nicht angesprochen werden, dies sollte vertagt werden. Kurze Zeit später sollte unsere erneute Anfrage auf einen Termin komplett abgeschmettert werden. Keine Lust? Keine Zeit? Klar, das neue Konzept soll erstmal „wirken“, dennoch gab es weit mehr zu besprechen… Aber gut, warten wir ab.

Das tolle neue Konzept… und seine Lücken

Das Konzept klang auch recht  gut: Aus einem offenen System sollte ein Teil-offenes System werden. Mit festen Stammgruppen als Rückzugspol, aber der Möglichkeit dennoch gruppenübergreifenden Aktivitäten nachzugehen. Das fand ich großartig und auch die vorgestellten Möglichkeiten fand ich echt gut. Bei der Einteilung der Gruppen (bisher gab es keine festen Gruppen), sollten dabei Freundschaften und Bezugspersonen berücksichtigt werden. Tja, sollte.

Claire wurde von ihren beiden besten Freundinnen getrennt! Nicht nur das: Auch ihre Lieblingserzieherin wurde ihr genommen. Sie rannte ihr jedes Mal, wenn ich sie in die Kita brachte freudestrahlend in die Arme. Ich war – wie ihr euch vorstellen könnt – doppelt angepisst. Hätte Claire das weggesteckt, hätte ich abgewartet. Aber sie wollte nicht mehr in die Kita. Abends weinte sie, morgens auch:

„Mama, ich will nicht in die KITA, weil wir werden da eingesperrt!“

Eingesperrt? Ja genau! Die Türen bleiben den ganzen Tag geschlossen. Als „Eingewöhnungsphase“, damit sie sich an die Stammgruppe gewöhnen können. Sie dürfen nur raus, um auf Klo zu gehen. Ansonsten müssen sie im Raum bleiben (dürfen manchmal auf das Außengelände). Für Claire, die ihre Freunde und Lieblingserzieherin vermisst wirklich Folter. Sie ist – wie ich – ein Freigeist. Sie mag nicht eingesperrt werden. Ich hörte von anderen Eltern, dass auch ihre Kinder darunter leiden. Was ich total verstehe. Ein Kind habe mittlerweile Angst vor geschlossenen Türen?! Von totaler Freiheit zu „Kinderknast“ binnen eines Tages – das ist schon ganz schön Sch***. Ich verstehe die Intension irgendwo schon. Aber, wenn man merkt, dass die Kids darunter leiden, warum macht man das dann und zieht es knallhart durch? Aus angekündigten 2-3 Wochen „Eingewöhnung“ sind inzwischen übrigens schon 4 Wochen geworden…

Eine haarige Angelegenheit

Natürlich hatte die neue Leitung schon Wind davon bekommen, dass wir uns das nicht auf uns sitzen lassen konnten. Eine Freundin ist besonders stark im Rat engagiert und sogar im Jugendamtsrat tätig. Man munkelt, dass ihr dieses Engagement nicht so wirklich passt. Ob es stimmt? Keine Ahnung. Ich habe da aber so ein Gefühl… Allerdings hatten wir zuletzt nun einen Vorfall, bei dem ich mich aufs übelste gedisst gefühlt hatte: Wir gehören zu denjenigen (idiotischen) Eltern, die Krankheiten und Läuse melden. Natürlich bekämpfen wir die Läuse, wenden sämtliche Behandlungsschritte an, die gegen Läuse empfohlen werden und schicken die Maus (hoffentlich ohne Laus) in die Kita. Das ist auch zweimal problemlos gut gegangen.

Ich hatte mich zuvor direkt beim Elternrat bzw. anderen „betroffenen“ Eltern informiert, welche Schritte eingeleitet werden müssen. Wir haben es richtiggemacht: Melden – Kopf behandeln – Kind zurück zur Kita. So lief es bisher laut Aussage von anderen Eltern und so lief es auch bei uns. Bisher. Dann kam der Tag, an dem ich wieder Nissen bei Claire gesehen hatte. Sie hatte sich zwar den Kopf noch nicht gekratzt, aber ich checke mittlerweile jeden Abend beim Haare kämmen kurz die Haare, weil ich schon Paranoia entwickelt habe. Zack Goldgeist drauf geklatscht, Nissen mit den Fingern Strähnen Weise herausgepuhlt – fertig. Am nächsten Tag habe ich wie üblich gemeldet: Claire hatte Nissen, habe sie bekämpft. Die Erzieherin hat es abgenickt und gut. Am Folgetag bringe ich Claire in die Kita. Kommt direkt eine Erzieherin auf mich zugestürmt:

„Claire darf nicht in die Kita, Sie brauchen ein Attest!“

Claire versteht die Welt nicht mehr

Bitte was? FREITAG – ja genau Freitag, der Tag an dem Kinderärzte so viel Zeit haben – kommt sie uns am frühen Morgen damit, dass sie plötzlich (!) einen Attest brauchen. Am Tag zuvor, kein Sterbenswörtchen. Dass ich arbeiten muss, interessiert die nicht die Bohne. Ich war rasend vor Zorn, habe die Leiterin herbeordert. Sie hat mich dann mit ominösen Paragraphen zugetextet und:

„Das machen wir hier schon immer so!“

Krass, lügt sie mir gerade eiskalt ins Gesicht? habe ich mich gefragt. Genauso habe ich es empfunden. Ich habe anschließend nochmal beim Elternrat UND Jugendamtsrat nachfragen lassen. Nix. Keiner wusste was von einer „Attestpflicht“. Von wegen: „Ja, blöde, dass es bei Ihnen wohl bisher anders gehandhabt wurde, aber jeder muss ein Attest mitbringen!“. Wer dieses „Jeder“ sein soll, hat sie nicht gesagt. Ich habe gekocht vor Wut. Tränen schossen mir in die Augen… Vor Wut und Verzweiflung. Im Home Office arbeiten klappt leider nicht immer so gut und durch Personalmangel hatte ich einen Berg an Arbeit…  Und Claire war natürlich total verwirrt, warum Mama in der Kita weint und sie nun wieder mit nach Hause geht. Hilft ihr bestimmt total sich dort wohlzufühlen – nicht.

Als mein Mann am Montag darauf Stunk machte und gefragt hat, wieso man uns nicht rechtzeitig informiert habe, dass ein Attest benötigt werde, wurde ihm gesagt: Sie wussten es selber nicht. So… Wer sagt hier jetzt bitte die Wahrheit: Die Erzieher, die auch noch nie was von der Attestpflicht gehört haben wollen oder die Leiterin, die mir die Paragraphen heruntergebetet hat? Oder ist das alles eine Verschwörung der Illuminaten? Ist der angeblich fehlerhafte Kommunikationsfluss an allem Schuld? Oder hat uns die Leitung wirklich auf dem Kieker?

Unsere Tochter zeigt ihre Liebe

Verwirrung bei der Attestpflicht – überall

Bei Recherchen auf der Webseite der Stadt ist auch nichts von einer zwingenden Attestpflicht zu finden. Lediglich ein Formular auf dem die Eltern unterschreiben können, dass sie notwendige Maßnahmen ergriffen haben. Ein Anruf im Gesundheitsamt bestätigt meine Vermutung: Attest ist nicht zwingend erforderlich. Aber was die Kita macht, sei eben Hausrecht. Ich war echt sauer. So ein Attest bedeutet ja nicht nur Kosten, sondern eben auch, dass das Kind einen Tag nicht in die Kita kann, da man nicht immer am frühen Morgen einen Termin bekommt (Claire war übrigens attestiert „lausfrei“). Mittlerweile hat die Leitung nun Zettel verteilen lassen, mit dem Hinweis, was zu tun ist. Und auch HIER steht NIRGENDS, dass man ein Attest bringen MUSS. Ihr könnt euch vorstellen, ich fühle mich ziemlich verarscht.

Erst auf Nachfrage erhielt mein Mann plötzlich einen Bogen, auf dem man ankreuzen muss, dass ein Attest erbracht wurde. Wo das herkommt – keine Ahnung. Wer diesen Bogen erhalten soll? Auch keine Ahnung. Das haben wir jedenfalls bisher nie erhalten… Zumal von einem „gehäuften“ Vorkommen in der KITA die Rede ist. Laut Erzieherin ist Claire ja „die Einzige“ die Läuse habe. Komisch. Demnach müssten wir seit Wochen ein Läuseparadies im Bett haben, weil wir es nicht/falsch behandeln. Lustigerweise schlafen wir alle Kopf an Kopf und weder mein Mann noch ich haben Läuse. Meine Vermutung ist ja eher, dass es Eltern gibt, die der Meldepflicht nicht nachkommen, Läuse nicht oder nur mangelhaft behandeln und daher Claire immer wieder mit Läusen „infizieren“. Aber das kann ich ja schlecht beweisen. Für uns gilt weiterhin: Jeden Abend den Kopf querchecken und bei der kleinsten Nisse Gegenmaßnahmen ergreifen…

Verzweiflung und Kummer machen sich breit

Aktuell fühlen wir uns also als Elternrat nicht ernst genommen, als Eltern verarscht und unser Kind fühlt sich unwohl. Ganz großes Kino. Was können wir nun tun? Die Kita wechseln (mitten im Jahr ohnehin unmöglich) und Claire damit aus ihrem sozialen Umfeld reißen? Haben wir überhaupt die Möglichkeit auf einen anderen Platz, wo hier Kita-Knappheit herrscht? Bleiben und weiter auf Veränderung hoffen? Weiter dafür kämpfen, dass die Kita ein Ort wird, an dem die Kinder alle gern hingehen?

Dabei aber riskieren, dass Claire schlechter behandelt wird, oder wir mit weiteren „Überraschungen“ kämpfen müssen? Schlägt sich eine offensive Maßnahme über das Jugendamt gegebenenfalls auch negativ auf Claire nieder? Ist es das Risiko wert? Ich weiß es gerade nicht. Im Moment, da fühle ich mich nur unglaublich schuldig und schlecht, dass ich Claire dort jeden Tag abgeben muss, obwohl ich weiß, dass es ihr damit nicht gut geht… Das schlechte Gewissen überrennt mich gerade total und ich würde am liebsten meinen Job hinschmeißen und bei Claire bleiben…. Heute gehe ich wehmütig ins Bett. Dabei werden mir Claires Begrüßungsworte in den Ohren hallen:

„Mama! Mir ging es nicht gut als du weg warst. Aber jetzt geht es mir wieder gut!“