Kinderwunsch nach einem dritten Kind

Meine Hormone spielen verrückt. Anders kann ich es nicht erklären. Dieses entsetzliche Brennen in der Brust, wenn ich daran denke, dass Marie mein „letztes“ Baby sein wird. Ich streichle über ihr goldenes Haar und versinke in Erinnerungen. Als sie zur Welt kam, war der Flaum sehr viel weicher und stechend Orange. Ähnlich wie bei ihrem Papa. Nun sind die Haare länger, sie fühlen sich nicht mehr nach Babyflaum, sondern echten Haaren an. In meiner Brust wird es enger, wo ist mein Baby hin?

Wo kommt der Kinderwunsch eigentlich her?

Es ist schon verrückt. So schwer mir das erste Babyjahr mit Claire fiel, so wunderschön empfinde ich das nun mit Marie. Was eine Traumgeburt und das fehlen von Depressionen ausmachen können ist der Wahnsinn. Es ist, als wäre ich ein ganz anderer Mensch. Die Gefühle, die ich bei Claire empfand kommen mir so fremdartig vor. Ich sehe das alles nur noch durch einen Schleier – surreal. Unverständlich.

Ebenso unverständlich ist mir auch der Wunsch nach einem dritten Kind. Ein DRITTES Kind? Wirklich? Wo kommt das her? Ist es, das Vermissen der wundervollen Babyanfangszeit?

Marie lag ständig auf mir, wir haben viel gekuschelt. Dabei habe ich ihren süßlichen Babygeruch nahezu inhaliert. Es tat so gut.

Vergessen all die Anfangsprobleme, das ausbalancieren aller Bedürfnisse. Die schönen Erinnerungen senken sich wie ein rosa Schleier über mein Gehirn. Und ich will mehr davon. Ich habe Blut geleckt und bin süchtig geworden.

Süchtig nach Liebe!

Süchtig nach all der Liebe zu Marie, die meine Brust platzen lässt. Sehnsüchtig nach dem Babybauch! Ich sah meinem Bauch so freudig beim Wachsen zu. Habe mich über jeden einzelnen Tritt gefreut und die gesamte Schwangerschaft hindurch gezittert, dass alles gut gehen möge.

Ich werde keinen Babybauch mehr haben. Werde die sanften Tritte nicht mehr spüren.

Ich werde nicht mehr mit meinem Bauch reden. Werde mich nicht mehr über jeden dazugewonnenen Zentimeter freuen. Und es macht mich traurig. Wirklich richtig traurig. Ich werde kein Baby mehr haben. Warum? Aus vielen Gründen, rational, emotional, vielleicht auch irrational.

Veto! Ich möchte kein Kind

Der wohl triftigste Grund ist, dass mein Mann kein weiteres Baby mehr möchte. Das hat er mir klar zu verstehen gegeben. Demnach ist klar, dass es kein weiteres Baby mehr gibt. Seine Bedürfnisse liegen ja nicht über meinen. Für mich heißt das nun: eruieren, woher der Kinderwunsch kommt, und Gründe finden, warum ein weiteres Baby keine gute Idee ist. Für unsere Familie (nicht allgemeingültig verstehen bitte).

Woher kommt der Wunsch? Kann ich vielleicht nicht loslassen? Bin ich süchtig nach dem Gefühl „Mama werden“, nach den Schwangerschaftshormonen, der Vorfreude? So süchtig, dass ich es immer wieder erleben möchte? Möchte ich den Moment Mutter zu werden einfach nochmal durchleben, weil ich dabei so unendlich glücklich war?

Kann ich nicht loslassen, weil mein Baby sich einfach viel zu schnell entwickelt? Will ich das Gefühl ein Baby zu haben einfach festhalten?

Oder ist es das Gefühl, dass unsere Familie noch nicht ganz komplett ist? Fehlt da noch jemand? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich bin wohl zu Hormongeschwängert. Meine Gefühle lassen sich nicht sortieren und einordnen.

10 Gründe, die gegen den Kinderwunsch sprechen

Ist es nicht völlig verrückt an ein drittes Kind zu denken? Es gibt haufenweise Gründe die dagegen sprechen!

1) Finanzen

Ein drittes Kind wird so richtig teuer werden. Steigende Energiekosten, steigende Müllkosten – wir würden eine weitere Mülltonne benötigen, da wir mit Katzen und aktuell zwei Windelträgern echt viel Müll produzieren. Von den steigenden Lebenserhaltungskosten und Urlaubskosten mal abgesehen.

Mit jedem Kind wird ein Urlaub teurer – bis er gar nicht mehr erschwinglich ist. Außerdem steigen die Ansprüche mit den Jahren. Jetzt ist es noch ein TipToi Buch, in ein paar Jahren Laptop, Smartphone und Schulausflüge. Jahre später Führerschein, Auto, Studium… Und das dann direkt Drei Mal. Uff!

2) Mobilität

Eng mit den Finanzen verbunden steigen die Mobilitätskosten. Wir haben jetzt erst rund 30.000 Euro für einen neuen Wagen investiert bzw. zahlen ihn noch gut 5 Jahre ab. Ein weiteres Kind passt aber nicht in den Kombi. Es müsste ein größeres Auto her. Aua! Den aktuellen könnten wir aber gar nicht verkaufen. Hinzu kommt, dass Fortbewegung jeder Art (Zug, Flugzeug etc.)  teurer wird, je älter die Kinder werden…

3) Entthronung

Kann ich Claire ein weiteres Geschwisterchen antun? Ja, sie spricht davon. Aber die Konsequenzen sind ihr sicherlich nicht so stark bewusst. Schon jetzt leidet sie sehr unter der Entthronung und damit die gesamte Familie. Ich denke nicht, dass es eine gute Idee ist, sie da nochmal durchzujagen. Es ist nicht fair gegenüber ihr. Immerhin ist es mein Bedürfnis. Nicht ihres. Ihr Bedürfnis ist MEHR Zeit mit Mama. Nicht noch weniger.

4) Energie

Mir fehlt die Energie. Bereits jetzt komme ich an meine Grenzen. Ich merke, dass ich nicht mehr so fit bin, wie einst bei Claire. Die Akkus sind schneller leer und laden langsamer. Würde ich es überhaupt schaffen drei Kindern gerecht zu werden? Ich glaube kaum. Eines würde hinten überfallen. Das möchte ich nicht. Jedes Kind hat ein Recht auf gleich viel Liebe. Aber woher nehme ich die Kraft? Liebes zukünftiges ich: Du bist jetzt schon am Ende. Drei Kinder sind zu viel. Das packst du nicht. Sei ehrlich mit dir selbst! Dafür musst du dich noch sehr verändern und selbst dazu fehlt die Kraft!! TU ES NICHT!

5) Bedürfnisse

Würde ich es schaffen, die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zu balancieren? Die der Kinder, meines Mannes und MEINE? Wohl kaum. Schon jetzt gelingt es mir nicht das in Waage zu halten. Ich wünschte ich könnte jetzt sagen, Leidtragende bin dann immer ich. Aber es ist nicht so. Ich fordere immer wieder Freizeit ein. Meinen Feierabend am Abend.

Dabei unterschlage ich Claires Bedürfnis und stelle meines über ihres. Ich wünschte ich wäre einer der Mütter, die das Bedürfnis ihres Kindes zu ihrem eigenen machen können. Denen es nichts aus macht 24/7 beim Kind zu sein, ohne MeTime. Aber so eine Mama bin ich eben nicht. Es wäre nicht fair noch einem Kind diese Bürde aufzutragen. (Ähnliche Probleme hatte ich übrigens bei Mama Juja gelesen, was mich bestärkt hat, besser kein weiteres Kind zu bekommen).

6) Platz

Uns fehlt schlicht der Platz. Nicht nur im Auto, auch in der Wohnung. Wir leben aktuell zu viert mit 2 Katzen in einer 3-Zimmer Wohnung. Knapp 80 Quadratmeter ist auf Dauer zu klein. Wir benötigen also mehr Wohnraum – wo wir wieder beim Thema Finanzen sind. Wohnraun in und um Bonn herum ist sehr teuer. Wer soll das finanzieren? mit 3 Kindern käme ich sicherlich nicht zum Arbeiten. Schon jetzt habe ich große Probleme damit Freiräume zu schaffen.

7) Betreuung

Zwei Kinder bekommt man noch gut unter einen Hut. Ein Kind geht zur Freundin, das andere wird von Oma behütet. Wenn sie älter sind, kann Oma sicherlich auch mal zwei Kinder aufnehmen. Aber drei Kinder? Selbst mit steigendem Alter muss man da schon mit kreativen Betreuungslösungen aufwarten, wenn man als Elternpaar auch mal Auszeiten genießen will. Von den Betreuungskosten durch Kita/Schule sprechen wir besser gar nicht erst.

8) Arbeitsmarkt

Wer nimmt eine Mama mit drei Kindern? Sind wir ehrlich. Deutschland ist nicht Mütterfreundlich. Zu oft verlieren Schwangere plötzlich ihren Job. Auch Klagen helfen nur bedingt Allerdings ist ein Arbeitsplatz einfach total wichtig. Die Lücke im Lebenslauf sollte nicht zu groß werden, die Pause auch nicht. Immerhin fehlen die eingezahlten Beiträge später bei der Rente. Das kann bis hin zu Altersarmut führen. Das möchte ich um jeden Preis verhindern…

9) Selbstzweifel

Ganz vorne stehen auch die Selbstzweifel. Bin ich überhaupt gut genug als Mama? Sollte ich drei Kinder haben? Wäre das nicht eher eine Bestrafung für die Kinder? Kommen vielleicht Depressionen zurück und ich behandel meine Kinder lieblos und kalt? Ich möchte nicht, dass sich eines meiner Kinder so fühlt, wie ich mich in der Kindheit fühlte: Ungeliebt und wertlos. Meine Angst ist groß, dass ich negative Emotionen wie diese auslöse, wenn ich überfordert bin und um mich schlage.

10) Nein heißt Nein

Tja und letztlich wäre da das Veto meines Mannes. Er hat eine endgültige Entscheidung für sich getroffen und ich bin sicher, er bleibt dabei:

„Ein drittes Kind? Aber nicht mit mir.“

Es ist mehr als deutlich, dass er einem dritten Kind nicht gerade positiv entgegensieht. Aktuell denken wir über eine Vasektomie nach, um das Thema Verhütung abschließen zu können. Mein Mann ist mit beiden Kindern bediengt. Er trägt das finanzielle Risiko und möchte in er Lage sein uns allein über Wasser zu halten. Mit einem weiteren Kind klappt das nicht mehr.

Außerdem vermisst er seine MeTime. Zwar wird es wieder besser – ja, das wissen wir. Aber er ist nicht bereit, die Babyphase und damit verbundenen Einschränkungen ein drittes Mal mitzumachen. Selbst jetzt hadert er schon stark, was immer wieder zu Streit führt. Ich akzeptiere seinen Wunsch und begrabe den meinigen.

Echter Kinderwunsch oder Sucht?

Wenn ich mir diese Liste so ansehe, dann ist das eine interessante und traurige Mischung aus rationalen und emotionalen Gründen, den Kinderwunsch zu beerdigen. Traurig vor allem deshalb, weil Kinder eine große finanzielle Frage sind. Ein Alleinverdiener reicht oft nicht aus. Das war mal anders…

Ob mir diese Liste helfen wird, den Kinderwunsch „los zu werden“, weiß ich noch nicht. Es half aber mir vor Augen zu führen, welche Veränderungen und auch Belastungen mit einem dritten Kind anstehen würden.

Vielleicht…. ja vielleicht verstummt das Herz nun

Vielleicht beruhigt sich mein Herz ein wenig. Hm. Vielleicht hört das Pochen nun auf. Mh. Vielleicht eruiere ich auch nochmal, wodurch der Kinderwunsch eigentlich ausgelöst wird. Womöglich kann ich wirklich nicht loslassen? Möchte ich ein Kind um des Kindes wegen, weil wir nicht komplett sind?

Möchte ich ein Kind, weil ich süchtig nach den positiven Erfahrungen geworden bin? Hoffentlich finde ich die Antworten für mich… Hoffentlich finde ich Frieden.

Habt ihr ähnliche Gedankengänge durchlebt? Habt ihr euch von eurem Kinderwunsch verabschiedet? Wir war das?

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