Eigentlich wollte ich ja schon vor Wochen zur #Bauchgefühl-Blogparade „Eine Welle geht durch Bloggerhausen. Schwangere und Kinder zuerst“ von Mama on the Rocks schreiben. Natürlich bin ich durch sehr viel Stress nicht dazu gekommen. Und dann war die Deadline abgelaufen und ich wollte gar nichts mehr dazu schreiben. Letztlich hätte ich ja eh geschrieben, dass ein zweites Kind unter keinen Umständen niemals nicht in Frage kommen würde. Das war glasklar und in Stein gemeißelt. So. Und nun schreibe ich einen Blogbeitrag, um euch das zu sagen? Schön wäre es. Dann speicher ich das jetzt ab, veröffentliche die Kurzmeldung und mümmele mich auf die Couch.

Trööööt. Momentchen Mal. Nein. Eben nicht. Da war der Kopf mal wieder schneller und der Bauch medet sich zu Wort: „Ein zweites Baby? Na aber gern doch. Lass uns loslegen!“ Ungläubig starre ich auf meinen dicken Bauch. Endlich hab ich es geschafft eine einigermaßen gute Figur zu haben und nun kommt der Spinner mit sowas an? Spinner. Das passt gut. Spinne ich? Bin ich von allen guten Geistern verlassen? Warum um Himmels Willen plagt habe ich nun einen Kinderwunsch entwickelt?

Bauchgefühl Blogparade

Noch ein Baby? Nein, Danke!

Ok zurück. Alles auf Anfang. Werfen wir nochmal einen Blick zurück. Im Januar, da war meine Twitter-Timeline voller schwangerer Bloggerinnen. Ich hätte mich total gern mit ihnen gefreut, doch empfand meistens nur irgendwie Mitleid. Was mir tierisch Leid tat (bitte haut mich nicht). Ich hatte mich gefragt, was nicht mit mir stimmt. Immerhin ist ein Baby ja eigentlich ein Grund zur Freude. Für mich war es das zu dem Zeitpunkt aber einfach noch nicht, weil ich noch immer Probleme hatte mich in die Rolle einzufinden… Nunja, oder vielmehr, weil ich einfach nicht klar denken konnte. Ich leide an einer Depression. Eine Wochenbettdepression, die sich einfach weiterentwickelt hat (und mittlerweile aber gut im Griff ist). Hinzu kommt meine panische Angst vor einer Geburt, nach meinem persönlichen Höllentrip im Kreissaal. Sobald ich an die Babyzeit dachte, hatte ich eine Gänsehaut bekommen, da das erste Jahr besonders anstrengend war. Und auch die Beziehung zu meinem Mann war ziemlich im Eimer. Die Scheidung stand schon ins Haus… Alles miteinander vermengt, ergab dann doch eine ziemlich düstere Sicht zu Babys. Vielleicht nicht ganz fair, aber meine Emotionen waren ohnehin nicht wirklich rational (wie der Name schon sagt…).

Tja. Und dann… Dann kam die Wende (oh, nun hab ich die Ärzte zitiert….). Woher, Wie, Wo, Was, Warum. Ich weiß es nicht.Aber er ist da. Ganz plötzlich. Ein Kinderwunsch.

Wie konnt das nur passieren? fragt sich mein Kopf nun immernoch total gequält. So viele Tränen wie im ersten Jahr, hat er schließlich im ganzen Leben noch nicht vergossen.

Kopf und Bauch (oder vielleicht eher Herz?) sind sich so uneinig wie nie zuvor. Der Kopf ist ganz klar gegen ein zweites Kind. Es spricht zu viel dagegen. Angefangen bei unserer neuen Wahlheimat. Bonn. Sowas kinderunfreundliches hat die Welt noch nicht gesehen. Will man hier Kinder gebären? Nein! Will ich aber bald nochmal umziehen. Auch nicht. Args. Im Ernst. Bonn ist scheiße für Familien. Würde ich hier ein zweites Kind bekommen, könnten wir das im Leben nicht wuppen. Die Betreuungskosten sind enorm und spätestens im Schulalter tun sich hier enorme Probleme auf. Die Stadt juckt das aber alles nicht, wie man in meinem offenen Brief an den Bürgermeister (Coming soon) nachlesen kann. Darf es noch mehr Pragmatismus sein? Wir haben keinen Platz. In der Wohnung vielleicht noch etwas, aber das Auto ist def. zu klein. So ein Mazda 2 ist eben keine Familienkutsche, zwei Reboarder passen absolut nicht rein und wenn doch, muss mein Mann sich die Füße abhaken. Neues Auto ist nicht, der Mazda muss noch immer abbezahlt werden (eine never ending Story).

Pragmatisch, praktisch, gut?

So, also weder gute Betreuung, noch Transportmöglichkeiten – prima Vorraussetzungen für ein Kind. Kommen wir zu mir: Ich bin zu egoistisch. Japp. Da hört ihr´s. Ich bin viel zu egoistisch, um nochmal Mutter zu werden. Gerade habe ich mich dran gewöhnt, dass ich meine Wünsche nicht so durchsetzen kann, wie ich es möchte. Manche Wünsche bleiben für immer Wünsche. Und außerdem bin ich ein freiheitsliebender Charakter. Ich brauche Freiräume, Zeit für mich. Die kann ich gerade erst wieder schaffen, weil Claire so umgänglich geworden ist. Will ich das aufgeben? Und wie sieht es mit Pärchenzeit aus? Haben wir sowas dann überhaupt noch? Wer passt auf die Kinder auf, wenn wir mal wieder ein Pärchenwochenende machen möchten? Ein Kind kann man mal bei der Oma abliefern, aber gleich beide? Das ist too much.

Für mich ist das wirklich ein beängstigender Punkt. Ich will nicht so abhängig von anderen werden. Und von meinen Karrierechancen sprechen wir erst gar nicht mehr.

Meine Arbeit macht mich aus. Sie ist ein Teil von mir. Kann man zwei Kinder haben und seine Arbeit tatsächlich lieben und leben? Ich glaube nein. Schon bei einem Kind ist es schwierig. Aber bei zweien? Ehrlich gesagt denke ich, dass die Kinder dann zu kurz kommen und/oder der Burnout anklopfen wird. Und übersteht unsere Ehe überhaupt ein zweites Kind, wo wir doch schon am Abgrund waren? Machen wir uns nicht damit kaputt? Und überhaupt, wer zahlt das alles? Werde ich dann überhaupt wieder arbeiten können oder zum Sozialfall werden? Und was ist, wenn wir uns doch mal scheiden lassen und ich zwei Kinder allein aufziehen muss? Packe ich das überhaupt? Zwei Kinder? Wo meine Nerven schon mit einem Blank liegen?

Kann ich zwei Kindern gerecht werden? Habe ich genug Liebe für zwei Kinder?  Und dann noch dem Job? Uff.

Und dann kam das Bauchgefühl

Ultraschall-ssw36Ab hier sollte eigentlich schon Schluss sein. Der Kopf hat genug gute Argumente vorgebracht, oder? Und dann, dann macht es sich breit. Dieses „widerliche“ kleine Gefühl von Wärme und Liebe. Dieses komische Gefühl, welches das ganze Herz gefangen nimmt. Und aus dem Wunsch nach Freiheit wird der Wunsch nach Kuscheln und „an mich drücken“. Wieder die zarte Babyhaut spüren. Den zuckersüßen Babygeruch riechen. Man stellt sich die süßen kleine Tritte vor und die Vorfreude vor jedem Ultraschall (den gab es ziemlich bei jedem Frauenarzt-Besuch). Man erinnert sich an die Zeit mit dem Babybauch zurück und wird leicht eifersüchtig, wenn man andere Mütter mit ihren Babys vorbeifahren sieht. Heute erst, sah ich eine Mutter mit einem fast Neugeborenem auf dem Arm und ich dachte:“Oooooooh, das will ich auch!“

Das Gehirn schaltet auf Stand-By und plötzlich ist da wieder Wunsch auch wieder ein Würmchen im Arm halten zu dürfen. Die Erinnerungen an die harten Nächte, die bitteren Tränen und die Verzweiflung scheinen wie ausgewischt. Ist das eine Art Hormon-Angriff auf mein Nervensystem? Ist es normal, dass man diese Sehnsucht verspürt, sobald die Kinder selbstständiger werden? Hat Mutter Natur das etwa so eingerichtet, dass man einen erneuten Kinderwunsch verspürt, sobald es endlich wieder aufwärts geht und das Leben geregelte Bahnen einnimmt? Keine Ahnung, ist meinem Bauch auch total egal. Es macht sich ein wohlig warmes Gefühl breit, wenn ich Claire ansehe und was aus ihr geworden ist.

Ich bin glücklich, wenn sie sich aus einer Laune heraus an meinen Hals wirft und „Hab dich lieb Mama“ sagt. Und ich würde gern mehr Zeit mit ihr verbringen und ihr wieder alles beibringen und mich nicht überraschen lassen, mit welchem Können sie aus der KITA zurückkehrt…

Ja, nein, vielleicht –  Shizophren?

Was soll das? Shizophren? Ja, vielleicht ein bisschen. Immerhin heißt es beim Sternzeichen Zwilling ja, es schlagen zwei Herzen in einer Brust (ich glaube nicht an den Voodoo-Kram, keine Sorge). Was ist es aber dann? Hat der Tod meines Vaters mich so mitgenommen, dass ich nun verzweifelt nach dem Leben greife?Als ich da am Sarg stand, hat mein Bruder meine Hand gehalten. Wir haben uns gegenseitig durch diese schwere Zeit geschleppt. Mir wurde plötzlich klar, dass Claire niemanden haben würde, wenn mein Mann und ich sterben würden. Sie wäre alleine. Trotz Freunde oder vielleicht auch Ehemann. Familie ist ein besonderes Band. Die Verbindung ist einfach anders. Darf ich Claire eine solche Verbindung vorenthalten?

Wo genau fängt eigentlich mein „ich“ – mein Kinderwunsch – wirklich an, was ist die gesellschaftliche Erwartungshaltung? Was ist meine eigene, auferlegte Erwartungshaltung? Gehe ich an zu viel Druck nicht kaputt?

YOLO fällt mir dazu ein – You only live once. Ich möchte alles das tun, was ich bisher nicht getan habe. Meine Wünsche leben: Ich habe so sehr bereut nicht mehr Zeit mit ihm verbracht zu haben. Werde ich es bereuen, nur ein Kind zu haben? Oder werde ich es bereuen, wenn ich meine Freiheit nun noch mehr aufgebe und ein zweites Kind bekomme. Werde ich bereuen, das Risiko und Abenteuer „zweites Kind“ nicht gewagt zu haben? Werde ich mich freuen? Kann ich meine Ängste und Sorgen einfach so über Bord werfen? Immerhin sind das Zukunftsängste, die da an mir nagen. Existenzängste.

Schwieriger Fall oder? Ich bin nicht sicher, wie ich das werten soll nur bei einem bin ich sicher: Vorerst werde ich keine Entscheidung fällen. Weder in die eine, noch in die andere Richtung. Erstmal versuche ich mir darüber klar zu werden, ob das nun eine irrwitzige Idee meines Bauches ist oder, ob da wirklich was dran ist. Vielleicht ist es auch ein Versuch mich auf etwas anderes, als den Tod meines Vaters zu fokkussieren?

Ich weiß es nicht.Ich weiß nur, dass ich meinem #Bauchgefühl gerade nicht trauen kann und dem Kopf die Führung lasse. Vorerst.