Elternschule Kritische Betrachtung

Noch bevor der Film „Elternschule“ am 11. Oktober angelaufen ist, stand er in harscher Kritik. Geschockte Eltern, alarmierte Kinderärzte, überraschte Experten verschiedener Bereiche und selbst der Kinderschutzbund sowie der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener (BPE) haben sich mittlerweile zu Wort gemeldet. Eltern und Blogger zeigen sich entsetzt, vom Film sowie den Reaktionen darauf. Er wird einerseits gelobt, andererseits fallen Worte wie „Kindswohlgefährdung“ und „Gewalt an Kindern“.

Der Film polarisiert. Das ist eindeutig. Mittlerweile hat Psychologe Dietmar Langer geplante Podiumsdiskussionen abgesagt – zunächst aus Krankheitsgründen. Am Tag darauf folgte eine Stellungnahme, dass er sich durch „Anhänger der Attachment Parenting-Szene“ bedroht fühle und es keine weiteren Diskussionsrunden mehr geben würde. Wie konnte es so weit kommen? Was ist passiert? Und wo findet die genannte Bedrohung statt?

Keine Gewalt gegen Kinder – nie!

Im Folgenden habe ich versucht zu umreißen, was bisher alles geschehen ist. Warum der Film so stark befeuert wird und zeige zum Schluss – sofern sich hilfesuchende Eltern gegen die Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen entscheiden – eine große Reihe alternativer Anlaufstellen zur Prävention und für den Notfall auf.

„Keine Gewalt gegen Kinder!“ ist der zusammenfassende Ruf der Kritiker. Ihre Gruppe ist heterogen: Unter ihnen befinden sich einfach besorgte Eltern, die den Film gesehen haben und/oder die Berichte dazu verfolgt haben, Familienberater, Kinderärzte, Diplom-Pädagogen, Sonderpädagogen, Juristen, Kinder- und Jugendlichen-Psychiater und Psychotherapeuten, Psychoanalytiker… Die Liste ist lang und wird immer länger. Bekannte Namen wie Susanne Mierau, Franziska Klinkigt, Nora Imlau, Katja Seide & Danielle Graf, Katia Saalfrank, Sara Kulka und H. Renz-Polster gaben bereits ihre kritische Einschätzung zur Elternschule beziehungsweise den dargestellten Methoden ab.

Demo für gewaltfreie ErziehungViel Resonanz, dann offline

Interessant ist, dass H. Renz-Polster auf seinen Artikel (EDIT: Inzwischen sind drei Artikel zum Thema erschienen) sehr viel positive Resonanz erhielt, dieser aber dann für einige Zeit offline war. Er gab an, eine Unterlassungserklärung erhalten zu haben, die zu prüfen sei (Screenshot vorhanden). Doch anschließend erschien der Artikel – in leicht abgeänderter Form – wieder online. Ob diese Form der Zensur angebracht war, vermag nur ein Anwalt zu beurteilen.

Seitens der Kritiker gibt es die Aufforderung den Kinofilm aus den Kinosälen zu verbannen. Dazu haben sie in einer Online-Petion über 22.000 Menschen animiert zu unterschreiben. Auch diese wäre eine Form der Zensur, die ich allerdings unterstütze, da sie auch eine Prüfung der Klinikabteilung beinhaltet. Für mich persönlich wäre es beispielsweise auch denkbar, dass der Film weiter ausgestrahlt würde – sofern das Publikum durch Kommentare entsprechend begleitet wird.

Es soll klar werden, dass dies keine „gute Erziehung“ und schon lange kein Pflichtfilm für alle Eltern ist (wie die Süddeutsche anpreist), sondern sehr verzweifelte Eltern zeigt und die Methoden keinesfalls für das eigene Wohnzimmer taugen – wobei ich der Meinung bin, dass Gewalt, sei es physisch oder emotional, generell keinen Platz in der Erziehung/Therapie haben sollte. In seiner aktuellen Form wird der Film nicht nur von Eltern, sondern sogar von Kitas als Vorbild weiterempfohlen, was verheerende Auswirkungen haben kann.


Kritik wird gelöscht

Seitens der Experten kommt gut begründete, sachliche Kritik, die auch stets mit fundierten wissenschaftlichen Ansätzen untermauert ist. Auch die Eltern zeigen, dass sie sich anhand aktueller Erkenntnisse gut informiert haben und holen zur Kritik aus. Was dabei nicht ausbleibt, sind auch Kommentare unter der Gürtellinie – das ist schade, denn trotz allem Ärger sollte man natürlich versuchen auf Augenhöhe zu bleiben und zu kommunizieren.

Bei den Recherchen ergab sich nun, dass auf Kritik an die Elternschule konsequent reagiert wurde: Mit dem Löschen der Kommentare. Einige Augenzeugen berichten etwa, dass ihre kritischen Kommentare von der Elternschule-Facebook-Seite gelöscht und ihre Profile daraufhin von den Betreibern gesperrt wurden.

Die Elternschule-Fanseite wird geschlossen

Ob nun all diese Kritiken unterhalb der Gürtellinie verliefen (es soll Vergleiche mit dem Nationalsozialismus und Morddrohungen gegeben haben) und demnach aufgrund eines Verstoßes gegen die Netiquette gelöscht wurden, oder ob auch sachliche Kritik entfernt wurde, lässt sich so leider nicht nachvollziehen. Die Kritiker fanden schnell einen Workaround heraus und fingen an ihren Unmut über „Bewertungen“ der Facebook-Seite zu äußern. Diese können nicht gelöscht werden.

Die Seitenbetreiber (eine Agentur, die den Film betreut) entschieden sich die Seite zu  schließen – angeblich sei die Masse an (unsachlicher) Kritik nicht weiter händelbar gewesen. Ob dies gerechtfertig ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Fakt ist aber, dass sich die Klinik angegriffen fühlt:

„Es werden Lügen über den Film bewusst in die Welt gesetzt. Die Stimmung ist derart aufgeheizt, dass eine sachlich-konstruktive Diskussion unmöglich ist. Die verbale Aggressivität ist erschreckend.
„Viele Kommentare sind hasserfüllt“, sagt Dr. Kurt-André Lion. Die Klinik hat einen Anwalt eingeschaltet und weist die Vorwürfe der Kritiker entschieden zurück.“

Tourabbruch wegen Drohungen

Noch am Morgen des 21. Oktobers meldete das Cinema am Ostertor „Die heutige Diskussionsrunde nach der Vorstellung von „Elternschule“ muss leider entfallen. Diplom Psychologe Dietmar Langer kann krankheitsbedingt leider nicht nach Bremen kommen!„. Am Nachmittag des 22. Oktobers hieß es dann vom Atlantis Odeon Kino in Mannheim, dass Herr Langer seine Kinotour abbrechen würde. Angegebener Grund war, er sei „verbal und auch unter Androhung körperlicher Gewalt angegangen“ worden. ‚Es gibt offenbar Kreise aus der Attachment-Parenting Szene, die unter allen Umständen Aufführungen des Films stören oder gar verhindern wollen‘ „, hieß es weiter.

Fragen über Fragen

Da kommen einige Fragen hoch: Warum wurde die erste Absage erst krankheitsbedingt kommuniziert? Langer ließ sich scheinbar von seiner Ehefrau entschuldigen. Woher kommt die Annahme, dass es sich bei den Bedrohenden, um „Angehörige“ der „Attachment-Parenting Szene“ handelt? (Anmerkung: Der Text wurde zwischenzeitlich angepasst und die „Attachment Parentinfg-Szene gestrichen). Was genau meint das Kino mit Szene? (Attachment Parenting ist eine Art Lebenseinstellung). Die wichtigsten Fragen sind aber WANN und WO sollen diese verbalen Übergriffe und/oder Bedrohungen stattgefunden haben?Schriftlich? Telefonisch? Vor/Nach der Veranstaltung? Egal, wie stark man den Film kritisiert, Gewalt ist keine Antwort auf Gewalt!

Mir liegen dagegen einige Berichte – beispielsweise von Bloggerin Vivienne (siehe Screenshot der Instagram-Story) aus Podiumsdiskussionen vor, die aussagen, dass die Diskussionsrunden sachlich und konstruktiv von statten gingen (in den Kommentsarenf inden sich weitere Eindrücke, gern könnt ihr ergänzen). Andere sprachen davon, dass sie als Kritiker schnell „abgewürgt“ worden seien. Doch niemand sprach bislang von Bedrohungen oder anderen Vorkommnissen. Diese Aussage lässt einige Teilnehmer ratlos zurück. Es kann und darf nicht sein, dass Protagonisten eines Dokumentarfilms bedroht werden – zumal das gegen alles spricht, was Attachment Parenting verkörpert. Immerhin legt man hier viel Wert auf gewaltfreie Kommunikation. Drohungen gegen mitwirkende Personen, seien es Angestellte der Klinik oder gar die Eltern, sind abzulehnen! Ganz klar. Kritik ist erlaubt, aber natürlich unter den Spielregeln der gegenseitigen Wertschätzung.

Screenshot: 23.10.2018 (Instagram-Story Vivienneandsunshine)

(UPDATE) Stellungnahme: Initiative gewaltfreie Kindheit

Mittlerweile hat sich die „Initiative gewaltfreie Kindheit“ zu Wort gemeldet. Es handelt sich hierbei um eine Gruppe von Eltern, die sich über Facebook zusammengefunden hat, um nach Möglichkeiten zu suchen, Kindern eine Kindheit ohne Gewalt zu ermöglichen. Sie haben folgendes Statement zur Bedrohung Herrn Langers abgegeben:

„Wir möchten an dieser Stelle zu Folgendem Stellung beziehen:

Eigenen Angaben zu Folge wurden die Protagonisten des Films „Elternschule“ Herr Langer und Frau Grühn während ihrer Kinotour bedroht und/oder beleidigt.

Davon distanzieren wir uns ganz klar.
Wir setzen uns für eine gewaltfreie Kindheit und Erziehung ein. Unsere Ideale beschränken sich nicht nur auf den Umgang mit Kindern, sondern auch mit Erwachsenen; somit sind Beleidigungen, Bedrohungen und Anfeindungen kein Bestandteil unseres Denkens und Handelns. Das Thema „Elternschule“ ist grundsätzlich ein emotionales Thema, aber wir rufen alle Menschen, die sich an dieser Debatte beteiligen, zu Fairness und Sachlichkeit auf.“

(UPDATE) Kinderschutzbund rät Eltern Film NICHT anzusehen!

„Es gibt in diesem Film zahlreiche Szenen, in denen psychische und physische Gewalt gegen Kinder, zumeist kleine Kinder, in der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen gezeigt wird. Der Deutsche Kinderschutzbund will nicht in Abrede stellen, dass die im Film gezeigten Kinder und ihre Eltern in großer Not sind und eine intensive Unterstützung benötigen. Aber als Kinderschutzbund können wir nicht darüber hinwegsehen, dass viele Szenen einen gewaltvollen Charakter haben. Einen solchen Weg sollten wir nicht einschlagen und als „Elternschule“ anpreisen. […]

Die Methode basiert darauf, dass die Eltern-Kind-Beziehung eine Kampfbeziehung sei. Sie kann in Deutschland kein Vorbild für die Erziehung von Kindern sein. Zumal die zumindest mittelfristige Wirksamkeit ungeklärt ist. Der Kinderschutzbund rät Eltern darum vom Besuch dieses Filmes ab.“

Gesamte Stellungnahme des deutschen Kinderschutzbundes.

UPDATE: Interview mit Brisch wird nicht abgedruckt

Es kommt immer wieder das Gerücht auf, die Medien, würden AttachmentParenting im falschen Licht darstellen und Fakten untergraben. Ganz polemisch kam wieder der Ruf nach „Lügenpresse“ auf. Das hilft in der Diskussion sicherlich nicht weiter – ebenso wie bei Kindererziehung hilft es nicht, nach Schuldigen zu suchen. Was aber für eine große Überraschung geworgt hat, war ein geplantes Interview mit Prof. Dr. med. KH Brisch in der Zeit. Auf Facebook hatte er angekündigt, dass am 25.10.2018 ein Interview mit ihm abgedruckt werden würde, für das er eine Stunde lang Rede und Antwort stand. Stattdessen wurde ein Interview mit Herrn Langer abgedruckt. Lediglich im Nebensatz wurde Brisch erwähnt:

„Leider hat die ZEIT nur einen einzigen Satz von mir aus diesem langen Gespräch gedruckt, bzw. Frau Schoener hat meine ausführlichen kritischen Erläuterungen – bis auf einen kleinen kurzen Kommentar – nicht aufgenommen, was ich sehr bedaure.
Ich habe die im Film gezeigten Methoden als emotionale Gewalt an Kindern – und auch an Eltern – bezeichnet.“

Wurde das Interview absichtlich nicht gedruckt, weil er sich GEGEN die Elternschule ausgesprochen hatte? Ist alles ein Missverständnis? es bleibt abzuwarten, ob sich die Zeit dazu äußern wird. In der Zwischenzeit empfiehlt Brisch diesen Artikel der Huffington Post, den er als sher differenziert erlebt hat.

Weitere Expertenmeinungen finden in den Medien keinen Platz

Auch Conny Fröhlich (Emotionelle Erste Hilfe Dortmund) hat ein Interview zum Film gegeben. Im Anschluss des Kinobesuches wurde sie angeblich vom WDR Essen (Lokalzeit) interviewt. Von einem 10-minütigem Interview blieb in der Berichterstattung ein einziger Satz. Es bleibt die Frage nach dem Warum: Warum wird den Verfechtern des Film bei den großen Medien ein großes Podium geboten, Experten, die sich dagegen aussprechen erhalten dagegen nur „Nebenrollen“. Versuchen die Medien die Meinung in eine gewisse Richtung zu steuern?

(UPDATE) Sat 1 sendet geplanten Beitrag nicht

Sat 1 hatte angeblich einen Beitrag zum Elternschule-Film geplant. Es soll mehrere Sende-Termine gegeben haben, die dann doch nicht eingehalten wurden. Geplant war Folgendes: Frauke Ludwig und ihre Kollegin von „Einfach Eltern“ sollten von Sat 1 zu einer (außerplanmäßigen) Kinovorführung begleitet werden. Die Sondervorstellung im Kino  Abanton wurde abgelehnt. Allerdings hieß es, dass der Sender das Pressematerial zum Film ebenfalls nicht erhalten sollte. Frauke Ludwig und ihre Kollegin entschieden dann zu einer regulären Vorstellung zu fahren – von Sat 1 begleitet, um ihre Emotionen einzufangen. Der geplante Beitrag erschien bis jetzt (15.11.2018) nicht.

(UPDATE) Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die „Elternschule“ – eingestellt

Wie mehrere Medien (Focus, WAZ, Tagesspielgel, Welt) nun berichten, hat die Staatsanwaltschaft aufgrund einer Anzeige eines Arztes Ermittlungen gegen die Gelsenkirchener Klinik eingeleitet. Nachdem nun unzählige Eltern, Experten und auch der Kinderschutzbund sich gegen die Elternschule ausgesprochen haben (was in einigen großen Medien nur beiläufig erwähnt wird), scheint die Empörung über den Film doch mehr zu sein, als „hysterische Rufe von Helikoptermüttern“.

„Es gehe um den Verdacht der Misshandlung Schutzbefohlener, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Essen am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.“

EDIT: Die Staatsanwaltschaft wird keine Anklage erheben, da angeblich nicht „genügend Anlass“ für eine Anklageerhebung vorliegt. Die Kritiker zeigen sich verständnislos, da die Ermittlungen nach bereits so kurzer Zeit eingestellt werden.

Am Anfang sah alles anders aus

Es scheint, als habe man nicht mit so viel Gegenwind gerechnet, wo doch die Berichterstattung vorab überwiegend positiv erschien. Was mich verwundert hat. Immerhin berichtete der Spiegel bereits im Jahr 2005 negativ von dem „Gelsenkirchener Behandlungsverfahren“ und hat kritisch zum leitenden Arzt Ernst August Stemmann berichtet. Dieser habe damals verkündet, er könne Neurodermitis heilen. „Zwei Maßnahmen sollen ihm dabei helfen: eine komplizierte Diät und ein „Trennungstraining“, bei dem die Mutter üben soll, ihrem Kind fern zu bleiben, selbst wenn dieses schreit. “ – diese Maßnahmen haben einige Ähnlichkeit mit Langers Therapie. Dr. med. H. Renz-Polster hat diese Therapieform nun auch in einem Artikel näher beleuchtet: „Für mich ein deprimierendes Beispiel einer „Gegenkonditionierung im Sinne eines Stressimpfungstraining“, für das Stemman die „Statusuntersuchung“ ausdrücklich empfiehlt .“

 „Für jeden, der selbst Kinder hat, ist der Film ein Muss.“ (Süddeutsche Zeitung)

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„Das Geheimnis guter Erziehung“ (WDR)

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„Wie gehen wir richtig mit unseren Kindern um – und mit uns selbst?“ (BR)

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„Welche Erziehungskompetenzen brauchen Eltern, was ist und wie geht „gute Erziehung“? Diesen Fragen geht der Film nach.“ (Badische Zeitung)

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„Sind Eltern heute denn völlig instinktlos und verunsichert?“ (Zeit online)

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„Ein Einblick in eine verunsicherte Gesellschaft, die sich mit Autorität schwertut und ihren Instinkten kaum noch traut.“  (Süddeutsche Zeitung)

Die WAZ berichtete von der positiven Stellungnahme der „renommierten Fachgesellschaft AG für Pädiatr. Psychosomatik in der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin“. Allerdings sollte man berücksichtigen, dass hier Dr. Kurt-André Lion (Elternschule-Chefarzt) im Beirat sitzt.

Die Stellungnahme der DGTV liest sich zunächst fachlich und objektiv. Allerdings arbeiten der Verfasser der Stellungnahme, Prof. Dr. Michael Borg-Laufs und Herr Langer beide als Dozenten im AFKV (Ausbildungsinstitut für klinische Verhaltenstherapie). In der Stellungnahme wird darauf verwiesen, dass die massivste Kritik von den Vetreterin des „Attachement Parenting“ stammen – unzählige Stellungnahmen von Experten, dem Kinderschutzbund oder gar der deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychatrie (DGKJP) werden völlig außen vor gelassen. Auch einige Formulierungen sind eher wertend gewählt worden, sodass der Text insgesamt nicht wirklich objektiv ist, sondern in eine bestimmte Richtung lenkt.

Spannende Zufälle.

Wo bleibt die Kritik aus den Medien?

Einzig das Känguru-Stadtmagazin ist mir bekannt, welches einen sehr kritischen Beitrag – quasi einen Verriss – geliefert hatte (EDIT: mittlerweile gibt es mehrere kritische Beiträge dazu). Worin mag das begründet sein? Vielleicht liegt die Antwort ja in den Credits des Films. Hieraus geht klar hervor, dass die Dokumentation in Co-Produktion mit dem SWR entstanden ist. Weiterhin waren der FilmFernsehFonds Bayern, der Deutsche FilmförderFonds sowie die Bundesregierung für Kultur und Medien beteiligt. Letztere hat sich sogar mit einer Fördersumme von 60.000 Euro am Film beteiligt:

Ein Gesellschaftsbild in  Klinikräumen „Wie geht gute Erziehung?“ (Zitat: Webseite Bundesregierung für Kultur und Medien über die „Elternschule“)

EDIT: Eine Aufstellung der Fördersummen aus verschiedenen Richtungen:

  • „Förderungen BKM – Produktionsförderung: 60.000 € (9/2016)
  • DFFF Deutscher Filmförderfonds: 41.600 €
  • FilmFernsehFonds Bayern – Produktionsförderung: 60.000 € (10/2016)“

Mit dem SWR im Rücken, sowie einer professionellen Produktionsfirma, einem gut vernetzten Filmverleih und geschätzt großzügigem Budget scheinen die Voraussetzungen für einen Kino-Erfolg ja schonmal gegeben.

Gutes Verhältnis zu großen Sendern

Einigen Aussagen nach könnte es aber daran liegen, dass Psychologe Dietmar Langer bereits seit 2002 als ZDF-Experte arbeitet. Zudem hat er in einigen TV-Reportagen für den WDR, ZDF, RTL und SWR (Bereich Gesundheit und Erziehung) mitgewirkt und scheint demnach ein gutes Verhältnis zu den Medien zu haben. Die überwiegend positive Berichterstattung hinterließ bei einigen Kommentatoren einschlägiger Facebook-Gruppen jedenfalls einen fahlen Beigeschmack.

Nach der ersten Welle positiver Berichte kamen auch erste kritische Beiträge zum Film. Unter anderem haben die HuffingtonPost, Ostsee-Zeitung, Vip.de, NDR, NWZ Online und jetzt auch die Zeit von der Gegenbewegung berichtet. Darüber hinaus meldeten sich auch Experten auf ihren Blogs zu Wort:

Kinderarzt und Autor H. Renz-Polster findet klare Worte für den Film:
„Es gibt da keine leichten Wege. Es gibt da keine „Therapie“ im eigentlichen Sinn. Kein Wunder landen Ärzte und Psychologen dann doch immer wieder bei den altbekannten „therapeutischen“ Ritualen. Kein Wunder landen sie immer wieder dort, wo sie schon standen als der Experimentierhund eines Iwan Petrowitsch Pawlow seinen ersten Tropfen Speichel zum Klang der Glocke absonderte. Oder dort, wo wir seit Menschengedenken mit den Kindern gelandet sind, wenn wir selbst erschöpft und beelendet waren: bei der Anwendung von erzieherischer Gewalt.“

„Dieser Film gibt eine unwürdige Behandlung kleiner Kinder wieder und er enthält Szenen, die eindeutig im Zusammenhang mit Kindeswohlgefährdung diskutiert werden müssen.“

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Soziologin und Familientherapeutin Hella Dietz schreibt in der Zeit: „Es wird der Eindruck erweckt, als wären die gezeigten Methoden die einzige Möglichkeit, um Familien in Not zu helfen. Aber dem ist nicht so.“ Allerdings gibt die zu bedenken, dass die dargestellten Zwangsmaßnahmen des Schlaf- und Esstrainings sich weitgehend an den von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) veröffentlichten verhaltenstherapeutischen Leitlinien orientieren würden.

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Gina Louisa Metzzler fragt sich in der Huffington Post: „Da fragt man sich: In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich? Es gibt längst wissenschaftliche Studien, die belegen, dass zum Beispiel das “kontrollierte Schreienlassen” schlimme psychische und körperliche Folgen für die Kinder haben kann.“

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Der Kinderschutzbund möchte die Persönlichkeitsrechte der Kinder wahren: „Der Kinderschutzbund stellt in Bezug auf den Trailer „Elternschule“ fest, dass der Zusammenschnitt von dramatischen Filmsequenzen zu einer gewollten Zuspitzung von problematischen Situationen und zu einer Verzerrung der Darstellung der kindlichen Persönlichkeit und zwar zum Nachteil der Kinder führt. Die Rechtsstellung des Kindes als Subjekt mit eigener Persönlichkeit und eigenen Menschenrechten wird nach Meinung des DKSB missachtet.“

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Der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener (BPE) e.V.hat in seinem offenen Brief klar Stellung bezogen: „Wir möchten uns nicht an der Effektivität konkreter „Erziehungsmaßnahmen“ abarbeiten. Solange grund- und menschenrechtliche sowie berufsethische Fragen im Raum stehen, ist die Funktionalität der genannten Praktiken zum Erreichen bestimmter „Erziehungsziele“ völlig irrelevant.  Einige der im Film gezeigten Praktiken sind aus unserer Sicht Folter oder zumindest folterähnlich.“

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Priv. Doz. Dr. med. Karl Heinz Brisch – SAFE: „Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass dieser Film ein Rückfall in die Schwarze Pädagogik ist…“

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Matthias Voelchert – Gründer und Leiter familylab: „Am Anfang des Films gehen mir Schlagworte durch den Kopf wie Kindeswohlgefährdung, Gehorsamskultur, Gewalt gegen Kinder, Entwürdigung, große Hilflosigkeit bei Eltern und Fachleuten. Ich habe eine Riesenwut im Bauch, weil wir immer noch das alte Lied des Gehorsams singen, mit dem Ziel der Unterwerfung und Disziplinierung der Schwächsten. Mit der Hilflosigkeit der Erwachsenen fängt diese Not an.“

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Deva Wallow – Familientherapeut (spez. Trauma) und Autor: „Diese Kinder werden empathieunfähig aufwachsen, aus Angst vor Strafe und Zurückweisung versuchen sich entsprechend den Erwartungen ihrer Erziehungsberechtigten zu verhalten. Dabei werden sie aber nicht lernen, was „richtig oder falsch“ ist. Stattdessen werden sie lernen, wie sie dem Schmerz durch Strafe entgehen können.“

Was ist das Problem? Auszüge aus der Elternschule

Doch warum schlägt der Film überhaupt so große Wellen? Im Folgenden möchte ich ein paar Szenen aus dem Film wiedergeben, die in der öffentlichen Kritik stehen, für diejenigen, die den Film nicht sehen können oder wollen:

  • Eine Krankenschwester hält ein schreiendes Kind fest und versucht ihn mit einem Löffel zu füttern. Er wehrt sich so sehr, dass sie sich dann mit ihm auf den Boden setzt und ihn mit körperlicher Kraft  (Beine werden um den Körper des Kindes gelegt) festhält. Keine Versuche, emphatisch mit dem Kind zu sprechen. Anschließend berichtet sie von einem Kind, das nun „im Kampf“ fünf Löffel gegessen habe, sie habe dann aber „45 Minuten mit dem Kind sitzen müssen“, bis es sich beruhigt habe.
  • Es wird erklärt, dass ein Junge „Esstraining“ bekommen soll. Die Mutter muss sich damit abfinden, dass sie keine Informationen über das Esstraining bekommt und auch nicht mit ihrem Sohn darüber reden darf, auch wenn er es versucht. Zu sehen darauf das „Esstraining“: Der Junge wird beim Essen von einer Schwester festgehalten. Auf dem Weg zurück schreit er, versucht sich auf den Boden zu legen, aber wird mechanisch immer wieder an den Händen auf die Beine gezogen. Macht er seine Beine gummiweich, hält die Schwester ihn einfach mit den Händen über dem Boden fest. Bald darauf scheint er vom Schreien erschöpft, jammert nur noch.
  • Eine weitere Psychoedukations-Szene, der Psychologe erklärt: „Der Säugling ist der größte Egoist auf dem Planeten“ und „Wie es mir geht, ist ihm scheißegal! Es werden Szenen aus dem Esstraining gezeigt. Ein Mädchen wird zum Essen allein eingesperrt und dabei via Kamera überwacht. Eine Schwester erklärt, dass die Essenszeit durch die Eltern auf 20 Minuten begrenzt werden müsse, denn: „Die Kinder lernen: Jetzt ist Essenszeit, jetzt hab ich zu essen.“ Kinder, die während des Essens oft trinken, müssten sich dies abgewöhnen. Greifen sie nach der Tasse, wird sie ihnen wieder weggenommen. In der folgenden Essensszene sitzen Eltern mit ihren Kindern an verschiedenen Tischen. Eine Mutter mit ihrer Tochter ist zu sehen, im Hintergrund sind die Schreie der anderen jungen Menschen zu hören.
  • Ein ca. 5-jähriges Mädchen wird zum Joggen bzw. schnellen Gehen „motiviert“ (sie muss an der Hand des leitenden Therapeuten laufen). Sie weint, klagt über Bauchschmerzen. Trotzdem muss sie weiterlaufen.
  • Ein 2-jähriger Junge wird auf dem Schoß der Betreuerin fixiert, sie füttert ihn mit der Flasche. Er wehrt sich, beginnt zu würgen, wird aber dennoch weiter gefüttert.
  • Das Hand-in-Hand-gehen auf dem Flur einer Mutter mit ihrer Tochter wird untersagt.
  • Ein ca. 1,5-jähriges Kind wird im Arztzimmer untersucht („um den Stress zu erhöhen“). Die Mutter muss abseits auf einem Stuhl sitzen. Sie wird angewiesen, je mehr das Kind sich wehrt, desto weiter soll sie mit ihrem Stuhl wegrücken. Das Kind weint und möchte zur Mutter, daraufhin wird eine Regulationsstörung festgestellt.
  • Damit sie lernen, allein einzuschlafen, werden Kinder  in Betten mit hohen Gitterstäben in einen dunklen Raum geschoben. Ihre Trennungsangst sollen sie lernen zu überwinden, indem sie von ihren Eltern getrennt werden. Im Raum befindet sich in der Nacht ab und an medizinisches Personal. Die Kinder werden nicht getröstet.
  • Auch ein älteres Mädchen (5-6) erhält „Esstraining“. Sie ist eine so genannte wählerische Esserin, lehne bis auf Milch, Nutellabrot, Pommes und Nuggets alles ab. In der Klinik wird sie mit einer Schwester zum Essen eingesperrt. Sie bekommt nun nichts mehr von dem, was sie isst. Die Folge: Sie nimmt ab, die Schwester erzählt, dass ihre Knochen auf dem Rücken zu spüren seien und dass sie viel müde sei.
  • In der Mäuseburg, dem „Kindergarten“ der Klinik, wird das Bindungs- und Trennungstraining durchgeführt. Babys und Kleinkinder werden anscheinend ohne vorherige Eingewöhnung abgegeben. Auf Grund der gezeigten Szene und der Reaktionen des Babys ist schwer vorstellbar, dass es eine angemessene Eingewöhnungszeit gegeben hat.
  • Ein Junge übergibt sich fast, weil er so sehr weint. Dann werden die Mütter im Nebenraum gezeigt, man hört die Kinder Weinen, da meint die eine Mutter „das ist meiner“.
  • Eine auch im Trailer angedeutete Szene zwischen zwei Nachtschwestern wird gezeigt. Eine erzählt der anderen erbost, dass ein Vater die Klinik verlassen will, weil er die Methoden als Quälerei empfinde. Darauf die andere Schwester über das Kind: „Pack es ein“.
  • Einem Kind wird der Schnuller abgenommen, ein anderes, es weint stark, wird nicht getröstet.

Mehr Szenen findet ihr in Janinas Beitrag.

Zitate über Kinder, die im Film fallen:

Kinder, die verzweifelt weinen, „geben jetzt richtig Gas“, sie „schreien strategisch“, sie „lernen runterzufahren“, wenn sie offensichtlich resignieren. Sie nutzen weinen als Strategie, um die Eltern „weichzukochen“, sie „denken taktisch“ und ein Kind erbricht sich beim Essen „auf Kommando, mit Ansage“.

Der persönliche Eindruck von Zuschauern zum gezeigten Film:

„Oft weinen die Kinder bei den Untersuchungen und es fehlt der liebevolle Umgang. Das Personal ermutigt die Eltern nicht, die Kinder nach den Untersuchungen auf den Arm zu nehmen und zu trösten. Die Kinder sollen funktionieren“

„Nach dem Film haben mein Mann und ich uns sogar gefragt, ob man die ein oder andere Situation vielleicht sogar hätte zur Anzeige bringen müssen“

„Ich habe in diesem Film gebrochene Kinder gesehen, die sich nicht wehren können. Das kann ich nicht stehen lassen und wegsehen. Sie berufen sich darauf, dass Sie einen Dokumentarfilm geschaffen haben, der nicht wertend sei. Nun ja, es stimmt, Sie kommentieren nicht. Auf den ersten Blick. Aber die Art, wie Sie vermeintlich glückliche Kinder darstellen – in Zeitlupe und mit emotionaler Musik unterlegt – ist ein Kommentar (im Übrigen bin ich auch diplomierte Theater-, Film- und Medienwissenschaftlerin und weiß auch hier, wovon ich spreche).“

„Die mehrfach benannte Regulationsstörung wie im Fall des Mädchens, welches sich nur unter Protest von Herrn Langer untersuchen lässt, ist ebenso völlig normales Verhalten eines Kindes gegenüber einer fremden Person.“

Bindungsorientierte Eltern schlagen Alarm

Diese Szenen treiben sehr vielen Eltern allein beim Lesen Tränen in die Augen. Besonders bindungsorientierte Eltern haben sich über fehlende Empathie und Wärme entrüstet. Langer gibt immer wieder an, dass seine Therapie erfolgreich sei, doch einige Zuschauer zweifeln den Erfolg an: Haben die Kinder wirklich etwas gelernt oder sind sie einfach gebrochen worden? – so lautet der Grundtenor ihrer kritischen Betrachtungsweise.

Untermalt wird diese Kritik von alten Erfahrungsberichten ehemaliger Patienten, die von einer „schrecklichen“ Zeit berichten. Es wird unter anderem davon berichtet, dass Kinder sich bewusstlos geschrieen hätten, Eltern nicht eingreifen durften und einige Eltern die Maßnahme auch abgebrochen hätten (Berichte liegen vor, werden aufgrund Datenschutz nicht veröffentlicht).

Wurden Filmszenen gekürzt?

Was jetzt interessant dabei ist, ist die Diskussion darum, ob der Film seit Filmstart gegebenenfalls gekürzt wurde. Beispielsweise beschreibt die Autorin im Känguru-Magazin eine Szene mit einer Krankenschwester/Erzieherin, die ein Kind im „Schwitzkasten“ hält und versucht ihn mit dem Löffel unter Zwang zu füttern. In aktuellen Nachberichten zum Film existiert die Szene so nicht. Es wird vermutet, dass diese Szene überarbeitet wurde und nochmal anders geschnitten wurde. Die Autorin hatte Pressematerial von 90 Minuten zur Verfügung. Andere Journalisten hätten ca. 45 Minuten Material erhalten. Der Film im Kino ist deutlich länger.

Ähnliche Gerüchte gibt es zum Trailer, da einige Zuschauer berichtet haben, dass sie den Trailer/die Schnitte anders in Erinnerung hätten. Tatje Bartig-Prang spricht sogar von einem „stark gekürzten Trailer„. Ursprünglich solle er auch 1.53 Min lang gewesen sein, nun ist nur noch eine Fassung mit jeweils 1.35 Minuten auffindbar. Diesem Vorwurf kann ich aber nicht nachgehen, da ich selbst den aktuellen Trailer kenne, nicht aber den vermeintlichen „alten“ Trailer.

Sie lassen mich lediglich hellhörig werden und könnten die Theorie unterstützen, dass gerade Schadensbegrenzung erfolgt und demnach einige Szenen ersetzt/umgeschnitten werden, damit der Film nicht mehr so gewaltvoll wirke. Was hierbei irritierend ist, ist dass der Film je nach Kino mit unterschiedlicher Länge angekündigt wird. Zu Anfangs waren es noch 117 bzw. 120 Minuten, bei aktuelleren Vorstellungen waren es aber nur noch 112 Minuten. Auch die Altersfreigabe variiert je nach Veranstaltungsort (EDIT: hier sind die Kinos in der Pflicht, die Altersfreigabe korrekt auszustellen). (Anmerkung: Die verschiedene Spielzeit beruht scheinbar auf der Prjektionstechnik, wie ein Leser freundlich angemerkt hat).

Ambivalente Darstellung

Es ist bedauerlich, dass aktuell keine Podiumsdiskussionen stattfinden, da Herr Langer diese gänzlich absagen ließ, sonst könnte man ihn sicherlich zu diesen Vermutungen befragen. Wobei auch diese umstritten seien. Mancherorts soll er sich als sehr kritikfähig und kommunikativ gezeigt haben, andere Besucher berichten allerdings davon, dass er auf Kritik nicht eingehe, diese abwürge oder Fragen von kritischen Personen gar nicht erst zuließe. Er selbst wirft den Kritikern vor, unsachlich zu sein.

Auch verstrickt er sich anscheinend immer wieder in Widersprüche. So hat er gegenüber der Waz im Interview noch angegeben, der Film decke seine therapeutische Arbeit gut ab, in Diskussionen erkläre er den Kritikern dann aber, dass der Film seine Arbeit nicht im Ganzen widerspiegele, sodass ein Gesamturteil gar nicht möglich wäre. Es wird auch berichtet, dass Herr Langer  teilweise angibt, dass Elternschule sich gar nicht an alle Eltern richte, der Titel sei irreführend. Weshalb er ihn dann aber dennoch zugelassen habe und auch kein Wort über die Berichterstattung („Ein Muss für Eltern“) verloren hat, bleibt unklar.

Auch bei seinem Elternführerschein, hat er den Film verlinkt – ein Hinweis, dass die Maßnahmen vielleicht doch für alle Eltern anwendbar sind? Oder doch nur „Extrremfälle?“. Wobei sich die Frage stellt: Ist ein wenige Wochen altes Baby ein Extremfall, oder einfach nur ein Baby? Einige Experten haben für sich festgestellt, dass es sich bei den gezeigten Kindern teilweise um normale Kinder handele und keinesfalls um „Extremfälle“.

Screenshot: 23.10.2018, 15.26 Uhr (WAZ)

Persönlicher Eindruck

Eine persönliche Meinung: Ich finde es schade, dass die Dokumentation unkommentiert ist. Zuschauer, die nicht an den Diskussionen teilnehmen und Kritiken meiden, könnten ein falsches Bild von „Problemkindern“ und „Erziehung“ vermittelt bekommen. Ich bin dafür gänzlich alle Gewalt aus der Erziehung zu verbannen. Eltern, die den Film sehen und selbst am Limit sind, könnten sich allerdings bestärkt sehen die vorgestellten Maßnahmen (Schreien lassen, Zwangsernährung, Schlaftraining) zu Hause anzuwenden, da sie als erfolgsversprechend gelabelt wurden.

Behandeltes „Kind“ meldet sich zu Wort

(EDIT): Snowqueen (Gewünschtestes Wunschkind Blog) hat die Szenen des Films analysiert und zu jeder kritischen Szene Beispiele gebracht, wie die Situation bindungsorientiert lösbar gewesen wäre. Ich finde den Artikel sehr gut, aber aufgepasst: Die Szenen sind detailreich beschrieben und analysiert worden. Der Beitrag sollte nicht gelesen werden, wenn Trigger-Gefahr besteht.

ABER die gezeigten Maßnahmen sind umstritten. Bei Katia Saalfrank hat sich nun ein „Kind“ gemeldet, welches vor 25 Jahren in der Klinik behandelt wurde. Hierbei wird das Ergebnis der Behandlung nicht so positiv dargestellt wie sonst. Werden die im Film gezeigten Kinder in 20 Jahren ebenfalls so über ihre Behandlung denken und fühlen?

Der Stempel, den ich von den Ärzten und meinen Eltern von klein auf bekam, war „anstrengend“ und „Aufmerksamkeit suchend“. Beides war negativ gemeint und gibt bis heute ein schlechtes Gefühl da:
.. es ist immer, als wäre man selber zu viel auf dieser Welt…“

Alternativen zur Elternschule

Nicht nur unter Eltern, sondern auch unter den Fachleuten. Die gezeigten Therapiemethoden werden teilweise sogar als eher schädlich wahrgenommen, daher raten einige Experten von den gezeigten Maßnahmen ab. Um diese Schritte zu verhindern, habe ich nun selbst einige Anlaufstellen zusammengetragen, an die sich Eltern in Not wenden können. Viele Ansprechpartner werden auch von den Jugendämtern vermittelt, ich verstehe aber, dass man diesen Schritt gern umgehen möchte. Es handelt sich hierbei um Stellen die zur Prävention, wie auch im Notfall aufgesucht werden können (Ergänzungen jederzeit gern erwünscht). Es gibt GENUG Alternativen zu Gewalt.

Überregionale Hilfestellen

Regionale Hilfe

Anmerkung: Diese Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann jederzeit ergänzt werden. Es handelt sich hierbei um persönliche Empfehlungen. Ich habe darauf geachtet, dass eine grundsätzliche bindungsorientiere Haltung vorhanden ist.

Ein trauriges Bild auf Attachment Parenting

Was mich besonders traurig macht, ist das Bild, welches die Medien auf bindungsorientierte Mütter geworfen haben. Es wirkt auf mich, als würden wir als hysterische Sektenmütter verschrien, die einer Randgruppe angehören und keinerlei Expertise haben. Was gar nicht stimmt. Es haben sich einige Fachleute kritisch geäußert, nicht „nur“ Eltern. Gerade bei großen Namen wie „Süddeutsche Zeitung“ hätte ich erwartet, dass nach der ersten Kritikwelle Gespräche mit Experten gesucht werden, um das Thema kritisch zu beleuchten.

Doch was teilweise an Berichten kam, hat mich ehrlich gesagt schockiert und an der Seriösität einiger Zeitungen zweifeln lassen. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass auch die Medien anders an die Berichterstattung herangehen – unabhängig der persönlichen Überzeugungen.

Herzensschule statt Elternschule!

Zum Abschluss möchte ich euch nun noch einige weitere Blogbeiträge zeigen, die aus der gesamten Kritik-Welle um die Elternschule heraus geboren wurde. Susanne Mierau hat eine Aktion unter dem Hashtag #Herzensschule ins Leben gerufen, die aufzeigen soll, warum Menschen den Weg der bindungsorientiere Erziehung gehen. Es haben sich viele Menschen gemeldet, die sich gegen Gewalt in der Erziehung aussprechen und in einem gemeinsamen Video aufzeigen, welche Vorteile sich durch Attachment Parenting ergeben. Enstanden sind aufschlussreiche Texte, bewegende Geschichten und viele Emotionen. Es ist den Menschen wichtig die Liebe, Verständnis und Akzeptanz in die Welt zu tragen. EDIT: Das Video zur Aktion hat über 50.000 Zuschauer erreicht. Laut Zeit wohl „mehr als den Kinofilm je sehen werden„. Dennoch hat die Zeit nicht viele positive Worte für die Aktion übrig.

Demnach möchte ich euch bitten, auch, wenn ihr mit den gezeigten Methoden im Film nicht einverstanden seid, nicht die betroffenen Eltern anzuklagen! In höchster Not haben sie sich an eine Hilfestelle gewandt – das erfordert Mut und viele Zugeständnisse, überhaupt erst einmal einzugestehen, dass man es nicht selber schafft! Auch dem Klinikpersonal möchte ich keinen Vorwurf machen, sie handeln sicherlich nach bestem Wissen und Gewissen – und veralteten Glaubenssätzen.

Demo für gewaltfreie Erziehung

(EDIT) An der Demo beteiligten sich rund 200 Personen (WAZ berichtet von rund 100) und verlief sehr friedlich.

Wer gern aktiv etwas tun möchte, kann sich der Demonstration in Gelsenkirchen für gewaltfreie Erziehung anschließen. Am 27. Oktober geht´s um 11 Uhr los. Weitere Informationen findet ihr auf der Veranstaltungseite. Iniitiert wurde die Demo von engagierten Eltern, die ein Zeichen gegen Gewalt an Kindern setzen möchten. Mehr auch auf der Facebookseite.

Spendenfonds für Dokumentarfilm „Die respektierte Kindheit“

Es wurde ein Spendenpool eröffnet, um einen Dokumentarfilm über „Die respektierte Kindheit“ zu drehen. Der Film soll dabei helfen, die Gewalt aus der Erziehung zu verbannen und eine Vorbildfunktion einnehmen. Angepeilt ist ein Gesamtbudget von 100.000 Euro, welches durch Spenden sowie Fördergelder erreicht werden soll. Teilt den Link, spendet eure Zeit oder Euros, um das Zielbudget zu erreichen und werdet Teil von etwas ganz Großem!

Die respektierte Kindheit

Weiterführende Blogberichte rund um das Thema:

Weiterführende Social Media Beiträge:

[Anmerkungen]

  • Aktuell ist die Webseite von Herrn Lange nicht erreichbar. Sie befindet sich seit einigen Tagen im Bearbeitungsmodus.
  • Leider sind nicht mehr alle Daten online einsehbar, da einige Kinos den Film bereits nicht mehr auf der Webseite vorstellen.
  • Auch fehlen die Informationen via mindjazz pictures, da auch hier der Film bereits aus dem Programm genommen wurde.
  • Die Angaben im Text basieren auf eigenen Recherchen und haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit!

#gewaltfreiekindheit #Herzensschule

 

 

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