Erfahrungen zum Geburtsvorbereitungskurs

Mein Mann und ich waren Anfang Mai in einem Wochenend-Geburtsvorbereitungskurs. Wir haben uns die „volle Dröhnung“ direkt in zwei Sitzungen abgeholt und haben damit darauf verzichtet wöchentlich irgendwo antanzen zu müssen. Auf Twitter wurde ich direkt gefragt, wozu sowas eigentlich gut sein soll. Es ist der zweite Kurs, den wir besucht haben. Dennoch empfanden wir ihn als sinnvoll. Warum und was wir dabei (wieder) gelernt haben, erklär ich euch gern.

Vertrauen ist das A und O

Zunächst einmal möchte ich euch erklären, welche Formen der Kurse es gibt. Ihr müsst das Programm nicht am Wochenende durchziehen, sondern könnt auch an abendlich stattfindenden, wöchentlichen Kursen teilnehmen. Entweder allein oder eben auch gern als Partner-Kurs mit euren Männern/Partnern/Frauen. Infos zu Kursen findet ihr in Hebammenzentren, im Krankenhaus, oder auch beim Frauenarzt. Ich habe meinen Kurs einfach über meine betreuende Vor- bzw. Nachsorge-Hebamme gemacht. Somit habe ich die Möglichkeit sie direkt noch näher kennenzulernen. Wo wir direkt beim ersten Punkt wären, warum ich Geburtsvorbereitungskurse gut finde:

Die Nähe zur Hebamme! Auch, wenn wir uns alle 2-3 Wochen treffen und über die Entwicklung des Babys (und mich!) sprechen, habe ich während des Kurses noch ein kleines Stück mehr Vertrauen zu ihr fassen können. Das lag vor allem daran, dass ich gesehen habe, dass wir in vielerlei Hinsicht ähnlich ticken. Das hilft ungemein! Umso trauriger bin ich, dass sie keine Beleggeburten (mehr) macht. Mit ihr wäre ich wirklich sicher, dass ich das schaffe! Natürlich lernte auch mein Mann die Hebamme dabei besser kennen, da er bei ihren Terminen bisher nur einmal dabei war (Wäre auch wirklich zu viel, wenn er Frauenarzt- und Hebammentermine mitmachen würde).

EDIT: Es gibt übrigens auch spezielle Kurse für Zweit- bzw. Mehrlingsgebärende. Entscheidet einfach selber, was zu euch passt 🙂

Die Inhalte im Geburtsvorbereitungskurs variieren

Im Geburtsvorbereitungskurs können die Inhalte verschieden sein. Schon allein die beiden Kurse, die wir besucht haben, hatten sich voneinander unterschieden, obwohl beides keine „klassischen Hechelkurse“ (so nannte meine Hebamme das) waren. Ihr kennt sicher diese Filmszenen, in denen Paare auf Yoga-Matten sitzen und laute Oooohs und Aaaaahs atmen und dabei immer spannende Übungen machen. Solche Kurse gibt es tatsächlich, um sich Atemtechniken während der Geburt anzueignen. Wer sich individuell vorbereiten möchte, kann sich auch an Hypnobirthing versuchen. Meine Hebamme nannte das einen „überteuerten Hechelkurs“, aber letztlich muss das ja jeder für sich entscheiden. Ich war da ganz bei ihr, da ich absolut nicht der Typ für Meditation und Co. bin.

Es lohnt sich daher, vorab zu fragen, wo die Schwerpunkte des jeweiligen Kurses liegen, um sich dafür – beziehungsweise dagegen – zu entscheiden. In unseren beiden Kursen stand die Geburt selbst im Mittelpunkt. Allerdings jeweils anders aufbereitet.

Die Geburtsphasen und ihre Tücken

Während des Kurses haben wir gelernt, dass die Geburt in mehrere Phasen eingeteilt wird. Je nach Phase zeigen sich ganz charakteristische Merkmale. Die Dauer der Phasen ist aber bei Frau zu Frau unterschiedlich. Dennoch fand ich es sehr spannend (nochmal) zu lernen, was eigentlich im Körper der Frau in den jeweiligen Phasen geschieht.

Warum man sich beispielsweise übergeben muss, warum Stuhl auf dem Kreissaalbett landen kann, warum manche Frauen animalisch schreien. Und vor allem: Die Unterscheidung von Übungs-, Eröffnungs- und Presswehen.

Beliebte Fragen während der Kreissaalführung waren immer: Ab wann muss ich ins Krankenhaus? Wann habe ich echte Wehen? Nach dem Kurs sollte die Unterscheidung relativ klar sein. Wobei man im Zweifel natürlich immer ins Krankenhaus fahren sollte.

Ein ganz ganz wichtiger Punkt ist hierbei aber auch der vorzeitige Blasensprung! Erst kürzlich hatte eine Frau in der FB-Gruppe darüber berichtet, dass sie schon seit den Morgenstunden permanent Flüssigkeit verliere (es war 22 Uhr abends). Was das wohl sein könne? Hätte sie einen Geburtsvorbereitungskurs besucht, hätte sie wohl gewusst, dass das ein Blasenriss hätte sein können. Dass ihr Baby vielleicht bald auf dem Trockenen sitzt, wenn sie nicht ins Krankenhaus fährt. Dass man bei einem Blasenriss spätestens nach 24 Stunden entbinden sollte (so die Empfehlung), um eine Infektion zu vermeiden. Letztlich hätte sie gewusst, dass sie ihr Baby durch ihr Handeln (eine FB-Gruppe statt einen Arzt fragen) gerade in Gefahr bringen könnte. Und es gibt viele solcher Fragen, die mir ein Runzeln auf die Stirn treiben:

„Best of“-Fragen von Schwangeren

  • Woran erkenne ich denn echte Wehen?
  • Ich habe regelmäßig Schmerzen in Bauch und Rücken. Können das Wehen sein?
  • Ich habe Wehen, aber noch keinen Blasensprung. Muss ich schon ins Krankenhaus?
  • Ich habe wehenartige Schmerzen, aber mein Schleimpropf ging noch gar nicht ab. Kann das sein?
  • Warum kann das Fruchtwasser grün/schwarz werden?
  • Ich verliere Flüssigkeit, vielleicht ein Blasensprung? Hab mich erstmal hingesetzt, weil das Baby noch gar nicht im Becken liegt. Was soll ich machen?
  • Ich bin gestern gestürzt und spüre das Baby seither nicht mehr so stark. Kann ihm was passiert sein?

Solche und andere Fragen werden im Kurs geklärt. So haben wir gelernt, dass wir bei einem Blasensprung in die Gebetshaltung (Stirn auf den Boden) oder Liegeposition gehen sollten, wenn das Baby noch nicht fest im Becken liegt (am besten immer Hebamme/Frauenarzt fragen, wenn man untersucht wird). Oder, dass wir ein Recht darauf haben, liegend transportiert zu werden, wenn ein Sprung vorliegt, aber die Position des Babys ungewiss ist! Egal wie sehr sich die Sanitäter dagegen sträuben, euch vom 3. Stock herunter zu tragen.

Fragen aus dem Wochenbett

Neben den verschiedenen Stadien der Geburt und dem korrekten Verhalten bei Wehen und Co. haben wir zudem auch über das Wochenbett gesprochen. Was macht eine Hebamme dabei und warum? Es ist erschreckend, wie oft Mütter bewusst auf eine Hebamme im Wochenbett verzichten. Ich finde das sehr hilfreich, auch beim zweiten Kind.

Bedenklich wird es aber, wenn auf FB dann Fragen wie diese auftauchen: „Mein Baby hat ständig Hunger, muss ich die festen Zeitabstände einhalten?“ „Mein Baby isst ständig alles auf, was soll ich tun?!“, „Mein 6-Wochen-Baby will ständig essen. Welche 1-er Milch hält lange satt?“

Es verwundert mich auch immer, wie oft Mütter nicht im Blick haben, ob das Gewicht des Baby halbwegs wieder aufgebaut wird. Wir haben gelernt (ok, ich wusste das schon), warum Beistellbetten möglichst ohne Nestchen, Decken, Himmel und Stofftiere sein sollten. Unsere Hebamme hat direkt „gedroht“, dass sie bei den Hausbesuchen besonders drauf achtet. Eine Mutter hat erschrocken gestanden, dass sie das volle Programm vorbereitet hat und gar nicht gewusst, dass sowas negative Faktoren für den plötzlichen Kindstot sein können. Den haben wir übrigens auch besprochen. Was wir leider nicht besprochen haben, war der Babyblues. Weder im ersten, noch im zweiten Kurs.

[Anmerkung] Schade, ich fände es großartig, wenn man da kein Tabuthema draus machen würde und ganz offen und normal drüber sprechen würde. Wie über die Tatsache, dass ich bei Claires Geburt wohl aufs Kreissaalbett gekackt habe (unbemerkt). Sowas sei vollkommen normal, meinte die Hebamme. Ja ok, Babyblues und Wochenbettdepressionen sind aber auch voll normal und können jeden treffen.

Beispiel einer Hausgeburt: Fehlende Intimität erschreckt mich

Hin und wieder bleibt noch etwas Zeit im Kurs übrig, die mit weniger informativen, aber dennoch tollen Ideen gefüllt werden. Im ersten Kurs wurden die Schwangeren beispielsweise mit einem Igelball massiert, was auch während der Geburt angewandt werden kann. Außerdem haben wir alle einen Brief mit unseren Erwartungen, Gedanken und Wünschen an unsere Babys verfasst. Diesen haben wir dann jeweils nach der Geburt zugeschickt bekommen. Ich fand die Idee damals total toll und habe den Brief aufgehoben und lese ihn immer wieder gern. In unserem letzten Kurs haben wir die Zeit genutzt und einen Geburtsfilm gesehen.

Der Film wurde speziell für so eine Art Geburtsvorbereitungskurs gedreht – er war allerdings ein bisschen veraltet (aus den 90ern wohl). Geburt ist allerdings Geburt, da hat das wenig gestört. Es wurde eine Hausgeburt unter Anleitung einer Hebamme gezeigt. Mit dabei waren auch Freundin und Partner der Schwangeren. Von Intimität und Privatsphäre keine Spur. Als sie im Entspannungsbad lag, waren alle mit dabei. Das war etwas befremdlich für mich. Allerdings wirkte sie wirklich sehr souverän und in sich gekehrt. Sehr ausgeglichen. Die Geburt selbst war kein blutiger Splatter. Man sah nur kurz das Köpfchen durch die Vagina gleiten. Das Baby hat sich „exorzistenmäßig“ in der Vagina gedreht und dann war der Spuk auch vorbei. Das Baby war da und die Mutter strahlte vor Glück.

Der Schock saß tief

In vielen Szenen hat man gesehen, wie die Mutter mit den Wehen umgegangen ist. Sie hat getanzt, sie veratmet, mit ihrem Partner gekuschelt. Es wurden alle Phasen der Geburt gezeigt, die Fortschritte und die Pausen. Letztlich schien die Geburt vor allem eines zu sein: Langwierig und daher langweilig. Eine Geburt kann echt richtig langweilig werden und sich hinziehen! Das ist auch, was uns die Hebamme damit zeigen wollte.

Eine Geburt kann dauern, Kräfte zehren, eine Geburt kann ins Stocken geraten. Sogar diese Mutter, die ultra-ausgeglichen wirkte, verlor am Ende die Nerven und hatte keinen Bock mehr!

Allerdings waren die Frauen sehr von den Presswehen schockiert. Die Mutter gab animalische Geräusche von sich und brüllte sehr laut. Auch, wenn wir aufgeklärt wurden, dass es sich nicht unbedingt um Schmerzensschreie, sondern „Kraftschreie“ gehandelt hatte, wurde den Schwangeren scheinbar (jetzt erst) klar: Eine Geburt kann ganz schön weh tun. Allein die Info, dass die PDA nicht immer wirkt und bei den Presswehen auch gar nicht recht wirken kann, scheint Ängste geschürt zu haben. Kann ich verstehen… Die Hormone tun ihr übriges… Zwei von vier Frauen hatten richtig geweint, als sie den Film sahen. Am Folgetermin sind wir dann nochmal auf den Film eingegangen. Es wurde besprochen, was so schockierend war, warum die Emotionen so hoch kamen. Das fand ich sehr gut.

Feedback zum Geburtsvorbereitungskurs

Insgesamt fand ich den Kurs schön, da ich die Ansichten meiner Hebamme (wir sind uns nicht in allem einig, aber das muss auch nicht sein) besser kennengelernt habe. Außerdem habe ich andere Mütter getroffen, die ähnlich weit sind. Zuletzt konnten wie auch viel „altes Wissen“ auffrischen. Nun weiß ich auch wieder Bescheid, was zu tun ist, wenn die Blase springt (Baby sitzt fest, daher ist alles gut bei mir) beziehungsweise, wie ich Wehen erkennen kann (ich hatte beim ersten Kind nur eingeleitete Wehen).

Was ein Geburtsvorbereitungskurs bringen kann

  • Überblick über verschiedene Phasen der Geburt als Basicwissen
  • Einschätzen und Unterscheiden von Vorwehen, Geburtswehen, Presswehen usw.
  • Klären allgemeiner Fragen und Unsicherheiten zur Geburt
  • Klärung möglicher geburtsvorbereitender/-einleitender Maßnahmen (Himbeerblättertee, Dammassage, Sex, Akkupunktur etc.)
  • Klärung verschiedener Geburtspositionen/-orte
  • Unterschied Wunsch-Kaiserschnitt, Kaiserschnitt unter Geburt, Not-Kaiserschnitt
  • Info über plötzlicher Kindstot & Ernährung des Kindes
  • Kontakt zu anderen Müttern
  • Vertrauensaufbau zur Hebamme
  • Information für Begleitpersonen (Was können sie im Kreissaal beitragen)
  • Allgemeine Infos wie „Was gehört in die Kliniktasche?“, „Erstausstattung für das Baby“

Ich halte Geburtsvorbereitungskurse für eine tolle Sache und kann vor allem Erstlingseltern empfehlen, einen Kurs zu besuchen. Für Schwangere ist der Kurs umsonst, da er von der Krankenkasse übernommenwird. Partner müssen aus eigener Tasche zahlen (hier 85 Euro). Manche Krankenkasse stattet die Kosten allerdings zurück.

Habt ihr einen Kurs besucht? Hat er euch geholfen oder habt ihr euch gelangweilt? Erzählt mir gern von euren Erfahrungen.

 

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