Ihr Lieben, mich hat eine verzweifelte Nachricht einer lieben Mama erreicht, die ich nun – in Absprache – mit euch teilen möchte. Vielleicht habt ihr gute Impulse für sie? Es geht um ihren mittlerweile 6-jährigen Sohn, der Ritalin bekommen soll. Das Umfeld fordert, dass das Kind endlich gehorsam wird. Auch vor Po-Klapsen und Ohrfeigen schreckt es nicht zurück. Die Mutter ist zusehends verzweifelter… Wer war in einer ähnlichen Lage und kann helfen?

Nach dem Lesen ihres Briefs bin ich stark an Claire erinnert worden. Viele der Verhaltensmuster kommen mir bekannt vor. Jedoch sehe ich darin nichts, was therapiert werden muss, sondern Verhaltensweisen, die nicht ungewöhnlich sind. Anstrengend, ja. Aber nicht ungewöhnlich…

Anmerkung: Meine Gastautorin möchte anonym bleiben. Daher sind alle persönlichen Daten ersetzt worden. Sie hat mir ihre Herzensgeschichte zur Verfügung gestellt, um Hilfe zu finden. Ganz lieben Dank, für dein Vertrauen!

Wird er die Schule packen?

Ach ich weiß gar nicht wie ich anfangen soll…. Ich könnte eigentlich glücklicher nicht sein, mit zwei Kindern. Viele würden von so einem Segen träumen, ohne sich zu beschweren und zu jammern. Doch ich tue es, weil es mir fast die Luft zum Atmen nimmt, dass mein Kind wohl kein „normales“ Kind ist. Die größten Sorgen habe ich momentan mit meinem großen Theo, der gestern seinen 6. Geburtstag gefeiert hat.

Immer wieder kommen Sätze „Oh, dann kommt er ja jetzt in die Schule“. Meine Schutzerklärung ist dann einfach „Ne, erst nächstes Jahr. Das ist dieses Jahr glaub noch nichts für ihn“, „Er darf noch ein Jahr genießen.“ Meistens ist dann das Thema gegessen. Doch innerlich zerbricht es mir in diesem Moment mein Mamaherz. Denn immer wieder stelle ich mir die Fragen: Wird die Schule überhaupt jemals was für ihn sein? Wird man ihn dort jemals überhaupt so haben wollen??

Und gleichzeitig weiß ich: Nein, dieses Kindergartenjahr wird er nicht genießen. Während ich diese Zeilen schon schreibe, kommen mir die Tränen.

So viel Wut

Theo ist seit Beginn an ein sehr aufgewecktes fröhliches humorvolles Kind. Auch sehr temperamentvoll und emotional. Wenn etwas nicht so läuft wie er möchte, bringt ihn das sehr schnell aus der Fassung. Das heißt er bricht eher in Wut aus, statt traurig zu weinen. Er ist 5 Jahre lang ein Einzelkind gewesen und war es gewohnt, dass alles und jeder macht was er möchte. Ich war bei seiner Geburt 22 Jahre alt.

Im Kindergarten hat er sich gut eingelebt und ging auch gerne hin. Er war zwar immer einer der nicht sehr ruhigste ist und nicht immer sanft mit anderen Kindern umgeht. Auch hat er gerne das Kommando. Aber er hat Freunde, die gerne mit ihm spielen. Es kam zwar auch vor, dass die Erzieherin mich auch mal ansprach, besonders nach den Ferien und mich gefragt hat: „Was hast du eigentlich mit Theo in den Ferien gemacht? Und ich jedes Mal erschrocken fragte, warum sie mich das fragte?

Und sie dann meinte, vor den Ferien hat wohl immer alles gut funktioniert, aber nach den Ferien ist als der Wurm drin. Ich hatte keine Erklärung dafür und hab mir da auch nicht sonderlich Gedanken drüber gemacht.

[Anmerkung Yasmin: Ich selbst kenne das Problem. Claire mag Übergänge nicht besonders und kommt schlecht damit klar. Die Mama 24/7 um sie herum und dann wieder teilen zu müssen, fand sie immer schrecklich. Allein schon nach dem Wochenende. Ich finde das also erstmal völlig normal.]

Malprobleme?!

Alles fing zunächst mit Theos sogenannten „Malproblemen“ an. Zu dem Zeitpunkt war er 4,5 Jahre alt. Ich hatte die Erzieherin schon angesprochen als er 4 war, dass mir aufgefallen ist, dass Theo wahnsinnige Unlust zum Basteln und Malen zeigt. Allgemein zu allen Arbeiten und Beschäftigungen, die man am Tisch macht.

Ich habe ihr gesagt, dass ich mein Kind nur durch “ Zwingen“ so etwas bringen könnte.

Dann hat sie nur gesagt:“ Nein, auf keinen Fall sollte man Kindern zum Malen und Basteln oder Ähnlichem zwingen. So würde das wohl nur noch mehr Unlust aufbauen und ich soll alles so laufen lassen, das kommt von alleine und er muss ja auch immer wieder im Kindergarten mal was malen und basteln.

Erst Hü, dann Hott!

Ich habe es ihm daraufhin zwar immer wieder angeboten und probiert schmackhaft zu machen ( mit tollen Ausmalbildern seiner damals geliebten Dinos) aber natürlich wollte er nicht und ich hab es so gemacht wie die Erzieherin gesagt hatte. Die Bezugserzieherin hatte mich dann auf einmal angesprochen kurz vor dem 5. Geburtstag. Sie kam auf mich zu und sagte nur: Hallo Tina, du musst mehr mit Theo malen! Schau mal her… (die Kinder hatten das Thema Osterhase).

Sie hatte ein Bild herausgeholt welches Theo gemalt hatte und welches ein Kind des gleichen Alters gemalt hatte.

Theos „Gemälde“ war reines Kritzelkratzel. Man erkannte keine Figur oder sonstiges. Bei dem anderen Kind erkannte man ungefähr einen Osterhasen. Auch hat er Probleme in einer Gruppe am Tisch richtig zuzuhören und die Aufgabe zu verstehen – sie haben einen Schneemann anmalen müssen und statt wie erklärt, nur die Utensilien des Schneemannes anzumalen, hat er aber den gesamten Schneemann bunt angemalt.

Und dann hat die Erzieherin sich nochmal alleine zu ihm hingesetzt und es ihm erklärt, dann hat er es wohl begriffen aber natürlich war dann die Luft raus. Er muss beim Malen auch immer die Hand ausschütten weil sie weh tut.

Ergotherapie? Ok

Sie hat auch gesagt ich soll mit Theo zum Kinderarzt und ihm deswegen eine Ergotherapie verschreiben lassen. Ich hab daraufhin nur „Okay“ gesagt und war irgendwie sprachlos. Vor allem weil ihr das auf einmal ein halbes Jahr nach dem Gespräch eingefallen ist. Was hatte sich denn verändert? Woher der plötzliche Sinneswandel? Ich folgte ihrem Rat.

Der Kinderarzt meine aber er hat noch Zeit und er würde gerne noch damit warten. Die Erzieherinnen waren außer sich und wollten, dass ich den Kinderarzt wechsle.

Ich habe daraufhin sehr viel mit Theo geübt. Ja, ich habe ich habe ihn dazu gezwungen, aber es wurde sehr viel besser. Diese Vorschul-Untersuchung im Kindergarten, die von einer Mitarbeiterin des Landratsamts oder so gemacht wird (mir fällt dieser Name nicht ein ) hat er eigentlich ganz gut gemacht. Die Dame hatte nur gesagt wir sollen noch mehr malen üben aber sonst ist gut.

Ich war damals sogar selbst dabei, weil ich Theo extra in den Kindergarten für diesen Test gebracht hatte, obwohl er etwas Fieber hatte. Aber die Erziehrinnen haben eben gefragt, ob ich ihn eben nicht doch bringen kann und ob es irgendwie geht, weil es sonst ewig dauern kann bis wir das wiederholen können… usw. Theo ging es soweit gut und er hatte gesagt er will es probieren.

Ab ins SPZ mit ihm

Die Erzieherinnen konnten das wieder nicht nachvollziehen, dass die Dame keine Ergotherapie empfiehlt. Dann meinten sie „okay dann müssen wir das ganze über dieses SPZ laufen lassen“. Den Termin dort bekam ich erst im August. Als es dann um die Schulanmeldungen ging haben wir alle beschlossen, dass Theo eben zurückgestellt wird und eben noch Zeit braucht.

Dann wurde Theo mit 5,3 Jahren endlich zum Großen Bruder befördert. Die Schwangerschaft war sehr anstrengend und ich musste viel liegen. Ich war sehr froh, dass Theo täglich zu Oma und Opa gehen konnte, die direkt nebenan wohnen. Und, wenn er Zuhause war hat er mit mir seine geliebten Dinofilme geschaut oder er hat sich alleine beschäftigt. Da ich eben liegen musste.

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