Eingewöhnung - Ich breche ab

Gestern (Freitag) war der dritte Tag der Eingewöhnung und ich kann nicht mehr. Das soll jetzt kein Kita-Rant werden, das soll jetzt kein Aufruf zur Meuterei werden. Ich schreibe den Beitrag, um mir meinen Kummer von der Seele zu schreiben. In kritischen Situationen fange ich nämlich immer an zu zweifeln. An mir selbst. Ich nutze diesen Weg, um zu reflektieren, was geschehen ist. Um andere Perspektiven an der Situation teilhaben zu lassen, die scheinbar schon sehr verfahren ist. So sehr, dass ich die Eingewöhnung an meinen Mann abgeben werde.

Ich kann nicht mehr positiv gestimmt sein. In mir ist Wut. Ich bin zornig, Ich bin enttäuscht. Seit Tag 1 werde ich genötigt das Kind einfach abzuschieben. Diese negativen Gefühle kann ich nicht verbergen. Sie könnten sich aber auf Claire übertragen. Daher wird mein Mann, der noch neutral ist und keinen Beef mit den Erzieherinnen hat, Montag zur Eingewöhnung gehen. Was ist passiert?

Was bisher geschah… (Tag 2)

Es lief besser als am Tag 1, aber noch mit kleinen Startschwierigkeiten. Der Morgen war gut, die Ankunft super: Claire ist allein in den ersten Raum marschiert und wollte gerne malen. Eine Erzieherin hat sich ihr angenommen und ist mit ihr in den Malraum. Ich war weiterhin im Flur und habe mich in den Hintergrund begeben. Eine andere Erzieherin (am Tag 1 nicht da gewesen) begrüßt mich. Ich erkläre, dass ich hier wäre während Claire malt. Sie meint, dass Claire sich verabschieden soll. Ich sage, das machen wir heute noch nicht, sie solle erst sicher werden und eine Bindung aufbauen.

Die Erzieherin scheint mich nicht zu verstehen (inhaltlich oder akustisch): Sie geht zu Claire und sagt, dass sie mir Tschüss sagen soll. Claire kommt (verwirrt) zu mir. Ich sage mit fester Stimme, dass ich nirgends hingehe und hier im Flur warte. Claire ist beruhigt, geht wieder spielen. Ich setze mich in den Flur mit Marie. Die Erzieherin akzeptiert es und der Tag nimmt seinen Lauf.

Erste Erfolge

Immer wieder kam Claire zu mir zurück. Das ist ja auch normal. Stellt euch die Bindung wie ein Gummiband vor, dass gedehnt werden muss. Am Anfang konnte sie noch nicht lange weg bleiben, das Band hat zu sehr an ihr gezehrt. Doch dann ging es immer besser. Bis ihr die Kraft ausging, das Band auseinanderzuziehen. Gegen Ende war Claire bei mir und wollte nicht mehr wirklich weg. Ein Zeichen für mich, dass es für diesen Tag nun reicht. Aber es war ok, denn sie hat folgende Fortschritte gemacht. Sie…

  • ist allein in den Raum, um ihn zu erkunden
  • blieb ohne mich im Raum und malte
  • ging von sich aus auf eine Erzieherin zu und fragte um Hilfe
  • hat den Bogen sehr viel weiter gespannt als gestern
  • ging von sich aus auf ein Kind zu und wollte mitspielen
  • hat Elefanti (ihr Kuscheltier) auf der Tasche liegen lassen, statt ihn mitnehmen zu müssen

Im Auto habe ich ihr mitgeteilt, dass ich das Gefühl hatte, es war heute besser. Sie hat es bejaht. Ich sagte ihr, dass ich gesehen habe, wie mutig sie heute war und ich mich freue, dass es ihr besser geht. Sie hat zugestimmt und gesagt:

„Morgen bin ich noch mutiger und gehe allein aufs Klo!“

Für mich war dieser Tag ein voller Erfolg! Positiv gestimmt (ich hielt die Frage der Erzieherin für ein missverständnis, da sie uns noch nicht gesehen hatte), habe ich mich auf Tag 3 gefreut.

Was muss, das MUSS

Wir kommen in der Kita an und klingeln. Uns wird aufgemacht und nach dem guten Morgen fällt ein missbilligender Blick auf Claires Füße: „Hast du keine Schuhe?“. Blick zu mir: „Sie müssen dem Kind Schuhe anziehen!“. PENG! Da es dieselbe Erzieherin war, die mich bereits zum Stillen ins Haus geschickt hat, war ich hier schon etwas aggro (und, weil der Morgen wieder schlecht lief und es Tränen gab). Ich war zudem auch ein wenig überrumpelt (Morgenmuffel und so). Ich habe ihr also ein „ICH MUSS GAR NIX!“ an den Kopf geknallt. Natürlich war das nicht gerade nett von mir. Ja! Es war eine impulsive Handlung, weil ich mir ungern was befehlen lasse (der Ton war sehr fordernd).

Ihre Stimme wurde direkt weicher und sie fing dann an zu erklären, dass sie Ausflüge machen und da seien Schuhe nunmal Pflicht usw. In Ordnung. Ich habe eingelenkt und ihr gesagt, dass ich mit Claire darüber sprechen werde und ich versuche diese Regel bei ihr zeitnah durchzusetzen. Der Start war also wieder etwas holprig. Oben angekommen, hatte sich Claire ausgezogen und nach einem kurzen „Mama, komm bitte mit“ doch von der Erzieherin dazu bewegen lassen, allein in den Raum zu gehen. Ich saß erneut passiv im Flur, um ihr den Rücken zu stärken.

Eltern gehören nicht in die Kita

Dann kam eine andere Erzieherin auf mich zu. Ich kannte sie schon von Tag 1 und 2 und fand sie sehr empathisch und nett. Sie hat mir dann aber auch 5 Minuten „ins Gewissen geredet“, dass wir doch langsam mal eine Trennung machen sollten. Ich habe ihr entgegnet, dass ich das Gefühl habe, dass es so aber gut läuft, ihr Claires Fortschritte geschildert und auch meine Befürchtungen  (zwecks schlechter Erinnerungen an die alte Kita usw.).

Sie hat entgegnet, dass ich hier eben ein wenig „im Weg“ sei. Normalerweise seien die Eltern der Kinder nicht dabei und ich sei eine Ablenkung (vor allem die süße Marie) für die Kinder. Damit störe ich eben den Kita-Alltag. Ich konnte diesen Punkt zwar irgendwo verstehen, blieb dennoch beharrlich und meinte, ich möchte heute noch nicht gehen. Ich habe allerdings vorgeschlagen im Personalraum Platz zu nehmen – dort sehen mich die anderen Kinder nicht permanent, aber Claire kann zu mir kommen. Sie war einverstanden. Für mein Verständnis war das ein akzeptabler Kompromiss. Und dann kam mein – gefühlt – nächster Fauxpas.

Heimlich mach ich nicht

Damit Claire nicht verunsichert wird, wenn sie in den Flur geht und mich nicht mehr sieht, bin ich kurz ins Zimmer und meinte, sie findet mich jetzt im Personalraum, wenn sie mich sucht. Sie hat verstehend genickt und weiter gespielt (JEAY Fortschritt!). Ich hatte aber das Gefühl, dass das nicht gut ankam, denn als ich angekündogt hatte, dass ich Claire eben Bescheid gebe, legte sich ihre Stirn in Falten. Vielleicht habe ich das auch falsch gedeutet, wer weiß…

Rückhalt ja, spielen nein

Während der Zeit im Raum kam Claire immer mal wieder zu mir gelaufen. Ich habe sie freundlich bgrüßt, aber abgelehnt, als sie mit mir spielen, malen etc. wollte. Ich hatte versucht sie freundlich zu ermutigen, Erzieher um Hilfe zu fragen oder mir ihr Kunstwerk später zu zeigen. Als Marie schlief (auf mir), nahm ich dies dankbar als Vorwand, jetzt nicht mitkommen zu können. Ich hatte ihr auch klar gemacht, dass ich als Mama in der Kita eigentlich nicht sein darf, ihr aber hier vorerst den Rücken stärke, wenn sie meine Nähe braucht. Spielen (und mehr) können wir aber eben gern zu Hause machen. In meinen Augen war das ein Mittelweg zwischen einer harten Trennung und dem Berliner Modell und damit eben auch ein Kompromiss. Einmal kam sie dann zu mir und fragte nach einem Spruch, der hinter mir hing:

Zwei Dinge sollten Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzel und Flügel. (Johann Wolfgang von Goethe)

Sie fragte, was das zu bedeuten hat. Das sah ich als Möglichkeit, sie wieder zu den Erzieherin zu locken: „Frag doch XY danach, was der Spruch meinen könnte. Und dann erzählst du mir, was sie gesagt hat, ok Liebes?“ Claire war einverstanden, ging raus, aber ohne die Tür zu schließen. Sie fragte XY (mit der ich zuvor auch das Gespräch hatte, welches ich noch schildern werde), was das bedeuten solle. XY antwortete: „Ich weiß nicht, wie deine Mutter das interpretiert. Ich kann dir nur sagen, wie ich es interpretiere…“

In dem Moment war ich ein wenig verwundert. Ich kann auch gar nicht erklären, warum ich das so komisch fand. Warum hat sie mich da erst vorgeschoben? Eigentlich wollte ich ihr ja damit zuarbeiten. Stattdessen fühlte es sich an, als hätte ich was falsch gemacht…

Das Gespräch

Und falsch gemacht, habe ich scheinbar schon sehr viel. Während Claire friedlich gespielt hatte, kam Erzieherin XY zu mir. Sie möchte nochmal über die Trennung mit mir reden (GNAAAAAAAAAAH). Ich habe versucht ihr zu schildern, dass Claire in meinen Augen große Fortschritte macht und ich denke, dass der Weg sehr gut funkioniert. Sie dagegen meinte, dass sie es sinnvoller fände, wenn man direkt trennt, denn so gewöhnen sich die Kinder daran, dass die Eltern dabei wären.

Sie können sich nicht gut lösen, das erschwert ihre Arbeit als Erzieherin. Ich dagegen meinte, dass ich ihr (der Erzieherin) sicherlich nichts erschweren möchte, aber Claire eben kenne und meine Erfahrungen auf diesem Weg am besten sind. Vor allem, da ich das Berliner Modell eben präferiere und gut finde, es habe schon in der Vergangenheit geklappt. Dann eröffnet sie mir:

„Das Berliner Modell ist für Kinder von 2 bis 3 Jahren. Claire ist schon 5 und geht bald in die Schule“.

Gefühlsstarke Kinder sind toll

Kindergarten ist Kindergarten, Schule ist Schule!

Das Schulargument… Das müsse sie dann ja auch alleine schaffen usw. Ich versuchte zu erklären, dass in einem Jahr viel passieren kann, sie sich kognitiv entwickeln würde und dann wäre sie auf einem ganz anderen Stand als Heute. Ich habe ja immerhin Zeit und kann abwarten, bis sie erstes Vertrauen gefasst hat.  Und dann fing sie damit an, dass manche Eltern da einfach zu sehr klammern… Bumm. Der Helikoptermama-Stempel machte sich gefühlt auf meienr Stirn breit.

Ein Kind nicht direkt am ersten Tag an der Kita-Tür abzugeben und zu gehen ist klammern? Ganze 3 (!) Tage mit dabei zu sein ist klammern? (und größtenteils das nicht einmal im selben Raum) Really? Ich würde es verstehen, wenn ich Claire auf Schritt und Tritt folgen würde. Wenn ich mich nicht von ihrer Seite lösen würde. Aber das ist ja nicht so. Ich ziehe mich weitestgehend zurück. Auch ich möchte, dass sie sich abnabelt. Denn ich BRAUCHE endlich wieder Auszeiten. Ganz, ganz dringend! Ich WILL ebenfalls, dass es klappt. Aber NICHT um jeden Preis.

Ich möchte es nicht erzwingen. Ich möchte, dass die Abnabelung aufgrund Vertrauen in die Kita und Erzieher erfolgt. Weil sie sich wohlfühlt. Und nicht, weil sie es muss. Weil sie in Schema F gepresst wird und sich einfach anpassen muss.

Das kommt in der Schulzeit dann ohnehin. Die Gesellschaft hat ihre Backförmchen für sie ohnehin schon parat. Zumindest im letzten Kita-Jahr soll sie noch halbwegs frei und unbeschwert sein dürfen. Frei und unbeschwert ist ihr Herz aber nur dann, wenn sie aus Freiwilligkeit mitmacht. Und nicht aus erpresstem Zwang.

Die Eltern wollen nicht, dass gestillt wird

Wir kamen dann auch auf den morgendlichen Vorfall, und, dass ich nicht die Regeln der Kita in Frage stellen soll. Ich habe versucht zu erklären, dass ich sie nicht in Frage stellen wollte, aber angepisst (ja, da war ich sehr ehrlich) von dem Tonfall (das war ja immerhin ein Befehl) war und dann auch noch vom Vortag sauer war, weil ich zum Stillen weggeschickt wurde. Und damit eröffnete ich den nächsten Konfliktherd, denn sie stand da voll hinter ihrer Kollegin:

„Wir haben hier zu 98 Prozent Muslime, die Eltern möchten das nicht.“

Wir führten eine Diskussion darüber, dass ich nicht vor den Kindern stillen kann, weil die Eltern einfach dagegen sind: „Sie können sich nicht vorstellen, was hier manchmal Thema ist!“. Nein, kann ich nicht. Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das eine gelungene Integration ist, wenn ich als Mutter weggeschickt werde, um mein Kind zu stillen (nein, ich habe mich dabei nicht vollständig entkleidet und habe dabei Table Dance gemacht. Ich habe schlichtweg mein hungriges Kind gefüttert.)

Ich hatte das Thema allerdings abgekürzt und meinte, dass sei ja auch nicht das Thema hier, ich war einfach ein wenig aggro heute morgen und wollte ihren Regeln da sicher keinen Riegel vorschieben. Zumal ich ja zugestimmt hatte, das mit Claire zu besprechen und durchzusetzen. Ich bin also durchaus bereit mich ihren (in meinen Augen zwar unsinnigen) Regeln mit der Schuhpflicht zu beugen. Klare Sache.

Ich Experte, du nix!

Im weiteren Gesprächsverlauf kristallisierte sich dann eben heraus, dass sie mit ihrer jahrelangen Expertise einfach mehr Ahnung habe und der „Experte“ in Sachen Kinder sei. Ich habe ihr zugestimmt, aber eingewandt, ich sei aber nunmal der Experte für mein Kind und sehe den vorgeschlagenen Weg kritisch. Ich habe ihr ebenfalls die Fortschritte geschildert, die ich gesehen habe. Habe von den Problemen mit der alten Kita erzählt, dass sie auch ins SPZ ginge deswegen, dass ich ihr erst Halt geben möchte und, wenn ich sehe, dass sie eine Bindung zu einer Erzieherin aufgebaut hat, die Trennung versuchen möchte…

Allerdings wurde das quasi abgeschmettert. Schlimmer noch: Die folgenden Worte klangen für mich so, als mache ICH hier erst das Problem, als stünde ich dem Kind und damit auch dem Erfolg der Eingewöhnung im Weg. Sie war der Meinung, ich wolle nicht mit den Erziehern zusammenarbeiten. Daraufhin schilderte ich ihr, dass ich das doch gern möchte und wie ich die Eingewöhnung empfinde und was ich in meinen Augen mache, um ihnen zuzuarbeiten. Vergebens. So lange ich nicht mache, was sie wollen (die Trennung), arbeite ich gegen sie.

Keine Kompromisse möglich. Keine individuellen Wege. Schema F klappt seit 20 Jahren, also klappt es auch jetzt.

Mich hat schockiert, wie starr sie darauf beharrt hat, dass der Weg richtig für ALLE sein muss. Wie wenig flexibel auf Bedürfnisse von Kindern reagiert wird. Ja natürlich bin ich in meinem Punkt auch stur, wenn ich darauf beharre, mein Kind nicht einfach abgeben zu wollen. Jedoch sehe ich hier dann eine Katastrophe auf uns alle zukommen – vor allem auf Claire (die sich ja ohnehin weniger geliebt fühlt und dann auch noch in eine fremde Umgebung „abgeschoben“ wird). Meine Erklärungen verliefen aber im Sande. Sie wies mich darauf hin, dass das Montessori-Konzept von Selbstständigkeit ausginge. Und die sei hier nicht gegeben…

Neue Wege und Perspektiven unerwünscht?!

Das traf mich sehr. Ich agiere im Hintergrund und ermutige das Kind immer und immer wieder sich an die Erzieher zu wenden. Nehme mich heraus, schicke sie vor und sage, dass ich dann nachkommen werde, um ihr die Möglichkeit zu geben, eigene Erfahrungen zu machen. Und es gab Erfolge. Einige! Demnach habe ich das eigentlicht nicht so empfunden. Im Gegenteil. Durch das tägliche Drängen nun endlich mal zu gehen, hatte ICH das Gefühl, als wollen die Erzieher einfach ihre „eigene Suppe kochen“. Als seien sie nicht bereit für neue Wege und Perspektiven. Als wollen sie ihr „20 Jahre altes Ding“ durchziehen. Festgefahren in alten Werten. Angst vor dem Fortschritt vielleicht? Eine Vermutung meinerseits, die ich natürlich nicht geäußert habe.

Bedürfnisorientiert? Kann man das essen? Ich habe versucht meinen Weg und meine Bedenken zu erklären und es wurde stets mit dem Argument: „Aber wir haben 20 Jahre Erfahrung“ abgeschmettert. Es wurde (gefühlt) kein Raum gelassen für meine Einwürfe. Ja natürlich wurde ich „da gelassen“, aber sie können mich ja schlecht heraustragen.

Ich fühle mich gebrochen

Dadurch, dass ich innerhalb von 3 Tagen 4 Mal (von drei verschiedenen Personen) darauf hingewiesen worden bin, endlich gehen zu müssen, hatte ich vielmehr das Gefühl, dass sie versuchen mich irgendwie „zu brechen“… Also meinen Willen, meinen Weg. Was sie ja auch geschafft haben. Ich hab keine Kraft mehr für Widerstand. Fühle mich falsch. Ich schicke meinen Mann vor.  Mich hat das Gespräch echt getroffen und natürlich fange ich nun an den Fehler bei mir zu suchen: Hätte ich einfach gehen sollen? Das Kind trotz ihrer ohnehin negativen Gefühle allein lassen? Handle ich falsch? Bin ich echt ne Helikoptermama?

Die Erzieherin XY meinte dann auch noch, dass sie früher ähnlich eingestellt war und mein Handeln verstehen würde. Aber mit der Schule muss man sich eben an alle Regeln halten. Und, dass ich mich in ein paar Jahren sicher an ihre Worte erinnern würde… Es kam etwas oberlehrerhaft herüber. Vielleicht meinte sie es als gut gemeinte Warnung. Aber es hat eine weitere Kerbe geschlagen. Mein Panzer ist weich. Viel zu weich…

Keine Zeit für Diskussionen mit Eltern

Im Gespräch hat sie mir übrigens erstmal klar gemacht, dass sie eigentlich gar keine Zeit hat, um mit Eltern so lange Gespräche zu führen, aber es jetzt trotzdem macht. Was ist das denn für eine Aussage?! Sie möchte doch eine Zusammenarbeit erreichen. Die erreicht man mit Kommunikation. Wenn wir nicht kommunizieren, wie soll das funktionieren?

Die Antwort kam dann quasi von ihr selbst. Ich solle den Erziehern einen Vertrauensvorschuss schenken und sie erstmal kennenlernen. Ich hatte gefragt, wie ich sie denn kennenlernen soll, wenn ich mein Kind direkt am ersten Tag einfach abliefern soll. Da meinte sie, es gäbe ja dann Feedback-Gespräche nach der Eingewöhnung… Das fühlte sich befremdlich an.

Nach dem Gespräch war ich fertig. Ich war emotional ausgelaugt, da ich ständig Tränen unterdrücken musste. Fühlte mich so unverstanden. Und fühlte mich angegriffen.Und ich fühlte mich so unwillkommen, wie schon lange nicht mehr.

Ich habe meinen Mann angerufen und darum gebeten, dass er die Eingewöhnung übernimmt. Er hat zugestimmt. Das wird der letzte Versuch. Vielleicht klappt es besser, weil er noch keinen Beef mit den Erzieherinnen hatte. Vielleicht klappt es besser, weil Marie nicht da ist (an der Claire sehr hängt). Ich sehe das als Neuanfang und gleichzeitig letzte Chance. Ich hoffe sehr, dass es so klappen wird.

Alles Auslegungssache

Ich habe keine Ahnung, wie es so weit kommen konnte. Ich war bisher vom Montessori-Konzept begeistert. Die Auslegung, die hier an den Tag gelegt wird, kann ich aber nicht verstehen. Ich finde, das wiederspricht dem eigentlichen Konzept sehr. Auch verstehe ich nicht, wie ich das Kennenlerngespräch mit der Leitung scheinbar so missverstehen konnte. Ich hatte aktiv nach dem Berliner Modell gefragt und es wurde bejaht, dass die Kinder nach ihren individuellen Bedürfnissen eingewöhnt werden würden. Aber langsam glaube ich, dieses Gespräch habe es nie gegeben und ich habe es nur im Traum geführt. Oder ich habe mich wirklich absolut verhört? Bin ich da jetzt echt zu blöd für ein Gespräch zu führen?

Wir warten jetzt mal die nächste Woche ab und werden sehen, wie es mit Claire läuft. Sie ist angespannt, das merken wir an vielen Wutanfällen und Gefühlsschwankungen und eine wiederkommende Babyphase (sie will wieder an die Brust, vermehrt getrasgen werden). Die Eingewöhnung, das „anpassen müssen“, die vielen neuen Regeln in kurzer Zeit – das alles belastet sie stark. Für ein gefühlsstarkes Kind ist das eine doppelte Belastung und ich bin stolz, dass sie dennoch mitmacht und nicht alles boykottiert. Ich hoffe inständig, dass wir nun doch noch alle auf einen grünen Zweig kommen und das Vorschuljahr für Claire ein schönes Erlebnis werden wird… Ich möchte mich nicht in den Weg stellen, aber für ihre Bedürfnisse kämpfen. Zum Glück sieht mein Mann es genau wie ich (er wird sich auch nicht wegschicken lassen) und steht mir bei!

[Nachtrag]

Einige Leser kamen nun auf die Idee, dass ich als Mutter nicht loslassen wolle. Dazu möchte ich euch Folgendes sagen: Claire ist seit 6 Monaten daheim. Ich habe beide Kinder da und bin sehr an meiner Grenze. Dieses Kitafrei-Ding ist ABSOLUT NICHT meines. Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Teil dieses Dorfes KANN eine Kita sein. Wenn sie gut ist und passt. Daher ist es mir auch sehr sehr wichtig, dass Claire in die KIta kann.

Als damals klar war, dass ein Wechsel sein muss, habe ich mich auf 10 Kitas beworben. Die Zusage der Monressoir-Einrichtung hat mich TIERISCH gefreut. Ich finde das Konzept grundlegend großartig und habe dann auf Twitter wirklich richtig gefeiert, dass Claire dort untergebracht werden kann. Ich habe die Wochen und Tage gezählt, bis es endlich los geht. Ich liebe mein Kind, aber ich war so so froh, dass ich sie nun auch wieder für ein paar Stunden am Tag „los werden“ kann. Dass ich Zeit habe für mich und meine Bedürfnisse. Dass ich endlich wieder mehr Abstand zu ihr schaffen kann.

Ich bin die letzte Person, die nicht möchte, dass es in der Kita klappt. Glaubt mir. An dieser Kita hängt sehr vieles. Vorab habe ich versucht Claire richtig viel Lust drauf zu machen: „Ihr könnt da selber kochen!“, „Die haben ein cooles Programm, wie Waldwochen oder Zirkustage!“, „Sie verbringen viel Zeit draußen, zum Toben!“. Ich habe oft und viel versucht Claire die Kita schmackhaft zu machen. Auch nach Tag 1, nachdem sie weinend im Auto saß und nicht mehr in diese „scheiß Kita!“ wollte.

Ich glaube den Fehler, den viele machen, ist etwas zu verwechseln: Das Kind fallen lassen und los lassen. An Tag 1 hat Claire buchstäblich an meinem Rockzipfel gehangen (ich hatte ein Kleid an). Sie hat sich an mein Bein geklammert, als die Erzieherin sie von mir entfernen wollte. Also war ich zunächst bei ihr. Ich habe ihr die Nähe gegeben, die sie gebraucht hat. Auch, als sie im Flur war und nach mir geweint hat, bin ich aus dem Personalraum gekommen, habe sie beruhigt und dann wieder Mut gemacht, mit den Erziehern (allein) nach draußen zu gehen. Ich habe sie nicht fallen gelassen, ich habe los gelassen.

An den den anderen Tagen bat sie mich ebenfalls mittzukommen. Ich habe ihr jedes Mal Mut zugesprochen, versucht sie an die Erzieher zu verweisen. Ich bin aber gebleiben, ja. Wäre ich nicht geblieben, hätte ich sie einfach ihren Gefühlen und Ängsten überlassen. Ich hätte sie fallen gelassen, weil cih keine Lust gehabt hätte michd amit auseinanderzusetzen. Ich hätte sie ins Schema F gepresst, mein kleiner Zinnsoldat hätte funktionieren müssen. Ich habe es nicht getan. Denn ich finde das Fallen lassen von Kindern, egal welchen Alters, furchtbar.

ABER ich habe losgelassen. Ich habe unser Band gedeht, sie ermutigt es auch zu tun. Es war mir wichtig, dass sie sich nicht an mich, sondern die Erzieher wendet. Auch noch am Tag 3, nachdem ich das Gespräch hatte, hatte ich noch immer versucht, ihr zu zeigen, dass sie sich gern an Erzieherin XY wenden kann. Das loslassen ist hier in der Tat kein Problem. Aber das Fallen lassen. Das könnt ihr mir gern unterstellen. Da habt ihr Recht, ich habe meine Tochter nicht fallen gelassen. Und das werde ich bei Gott auch nie, denn ich liebe sie und werde immer da sein, wenn sie mich braucht.

Eingewöhnung in der neuen Kita