Hallo ihr Lieben,

ich denke einigen von Euch sollte die Autorin Andrea Klier mittlerweile bekannt sein, denn ich habe schon einige ihrer neueren Werke vorgestellt sowie rezensiert. Sie hat sich die Zeit für ein spannendes Interview genommen. Ich möchte mich an dieser Stelle nochmal sehr lieb bei ihr bedanken :-).

Ich durfte Andrea Klier 7 Fragen stellen und die wirklich interessanten und ausführlichen Antworten findet ihr hier nun:

1. Kannst du den Lesern erst einmal einen kurzen Überblick zu deinem „Werdegang“ schildern? Wie kamst du zum Schreiben?

Schriftstellerin wollte ich schon mit elf Jahren werden, wenn auch erst alles mit Tagebuchaufzeichnungen und einfachen Geschichten im Stil von Hanni und Nanni begann. Richtig veröffentlicht und Geld mit meinen Geschichten verdient, habe ich erst spät. Zuerst waren es Zeitungsberichte und Sachartikel, danach lange Zeit Kurzgeschichten und Kurzkrimis. Schreiben war für mich damals eine Art Ausgleich zum Beruf, aber auch ein inneres Bedürfnis. Dieses innere Bedürfnis ist auch heute noch vorhanden, auch wenn ich inzwischen hauptberuflich als Autorin arbeite.

Zu meinem Werdegang:
Meinen ersten Roman habe ich 1995 begonnen. Die Verlagssuche gestaltete sich dann doch sehr schwierig, denn niemand wollte es mit einer unbekannten Anfängerin riskieren. Da ich jedoch trotz zahlreicher und jahrelanger Absagen nie aufgab, fand ich schließlich doch einen Verlag und konnte 2001 mit meinem Roman Debüt „Sturmwind-Die Tochter der Magierin“ starten. Ein Jahr später bekam ich für genau dieses Buch den Literaturpreis die „Kalbacher Klapperschlange“ für das beste Kinderbuch 2002. Nach jahrelanger und frustrierender Verlagssuche war das ein ganz wundervoller Start für mich als Schriftstellerin.

2. Die Werke, die ich bisher von dir gelesen habe, spielen alle in Ostfriesland. Hast du eine besondere Verbindung zu diesem Teil Deutschlands?

Ja, ich mag die Nordsee mit ihren Gezeiten, Leuchttürmen, Mühlen, Kanäle und dem stürmischen Wind. Die Verbundenheit mit Ostfriesland ist vor allem durch meine Protagonisten bedingt, die mich in jedem Roman in neue Regionen und Orte führen und mich tiefer in die Umgebung Ostfrieslands eintauchen lassen.

3. Kannst du uns einen kleinen Einblick zum Inhalt deines Werkes „Ostfriesische Gier“ geben?

Erzählt wird die Geschichte der siebzehnjährigen Elske, die am Upstalsboom ermordet aufgefunden wird und einen goldenen Taler in der Hand umklammert hält. Es wird jedoch ein weiterer Taler vermisst, der der Toten vom Hals gerissen wurde. Elskes Geschichte verbinde ich vor allem mit Upstalsboom, der friesischen Versammlungsstätte aus längst vergangenen Zeiten, und schaffe damit einen Übergang zu Elskes Familie, ihren Freunden und dem Jugendamt. Zusammengefasst geht es in dem Krimi einerseits um Wünsche, Träume, Selbstfindung und Berufung, auf der anderen Seite offenbart sich jedoch ein Geflecht aus Leid, Gier und Korruption.

4. „Ostfriesische Gier“ nimmt, wie viele einige andere Krimis von dir, auch thematisch Bezug zu paranormalen Geschehnissen und/oder hat psychologische Hintergründe? Mich würde interessieren, wovon du bei deinen Werken inspiriert wirst?

Die Inspiration ist oft einfach ganz plötzlich da. Das kann ein Blick aus meinem Fenster sein, ein Gedankenimpuls beim Meditieren oder ein Einfall im Dämmerschlaf kurz vor dem Aufwachen. Manchmal dauert es allerdings länger, aber es beginnt meist mit einem ersten nebulösen Einfall oder einem inneren geistigen Bild. Meine besten Ideen fallen mir bei Spaziergängen und meist unter Bäumen einfach zu. Diese Ideen arbeite ich dann nach und nach aus, bis sich ein Gesamtbild ergibt. Wenn ich nicht weiterkomme, oder mir etwas Entscheidendes in meiner Geschichte fehlt, hilft immer ein Besuch im Wald. Dort tanke ich Kraft und lasse mich inspirieren.

5. Elske, das junge Mädchen, das tot aufgefunden wird, hat in jungen Jahren schon viele schlimme Erfahrungen, wie Misshandlungen durch die leiblichen Eltern, durchlebt. Ist das ein Thema, dass Du persönlich auch als wichtig erachtest bzw. ein Thema, das nicht tot geschwiegen werden sollte?

Ja, diese traurigen Tatsachen sollten nicht ignoriert werden, auch wenn sie belastend sind. In meiner Zeit als freiberufliche Familienhebamme bekam ich genügend Einblicke in dramatische Begebenheiten. Allerdings, und das ist auch wichtig zu erwähnen, gab es mehr schöne, teils schwierige aber auch liebevolle Einblicke und das war die Mehrzahl. Es ist wichtig in unserer heutigen Zeit, auch das Gute zu sehen und zu erkennen. Für mich als Kriminal-Schriftstellerin ist das Böse jedoch eine wichtige Grundlage. Es stellt den Rahmen einer Geschichte dar und gibt mir die Möglichkeit, die Leser für bestimmte Themen zu sensibilisieren, obwohl der Schwerpunkt der Handlung auf der Suche des Täters und in zwischenmenschlichen Problemen liegt.

6. Auch in „Ostfriesische Gier“ ermittelt Hauke Holjansen? Wie würdest du den Kommissar beschreiben? Gibt es eine reale Person, die dir möglicherweise zu diesem Charakter als Vorbild gedient hat?

Hauke Holjansen ist Mitte dreißig, groß, schlank, dunkelblond und hat blaue Augen.
Vom Charakter her ist er logisch kühl und ein Mann des Verstandes. Doch nicht nur seine Tante und seiner Schwester verfügen über eine ausgeprägte Intuition, sondern auch er. Hauke weiß das und kann auch damit umgehen, doch im Großen und Ganzen baut er auf seinen messerscharfen Verstand. Hauke zeigt es zwar nicht immer, doch er ist auch ein gefühlvoller Mann. Für seine Freunde und die, die er liebt, tut er alles.  Eine reale Person, die ich mir dazu als Vorbild genommen habe, gibt es schon. Äußerlich ähnelt Hauke dem jungen Robert Redford, vor allem wenn er lächelt.

7. In deinem aktuellen Werk spielen Macht und auch Gier eine große Rolle. Wieviel Platz nimmt der psychologische Faktor in „Ostfriesische Gier“ ein? Was fasziniert dich in der Hinsicht stark?

Macht und Gier sind vom schriftstellerischen Standpunkt aus gesehen ein wundervolles und wahrscheinlich ewig zeitloses Thema. Es kann auf alle Bereiche übertragen werden, was eine Flut an Möglichkeiten für Geschichten bedeutet. Es ist das Thema, an dem wir alle arbeiten müssen, vor allem in einer Welt, in der sich viele Menschen auf Kosten anderer bereichern. Macht gehört in die Hände reifer, weit entwickelter Menschen, die fähig sind, sie zum Wohle aller einzusetzen und nicht zu missbrauchen. Es liegt jedoch an jedem Einzelnen, sich um seine eigene Weiterentwicklung zu bemühen, über sein Tun nachzudenken, im Kleinen zu wirken und seinen eigenen Weg zu gehen, anstatt gedankenlos dem Strom der Masse zu folgen. Dass dies nicht immer einfach ist, versuche ich in „Ostfriesische Gier“ darzustellen, der psychologische Faktor von Macht und Gier ist durch die gesamte Handlung des Krimis unterschwellig präsent, auch ohne, dass das ständig erwähnt wird.

Liebe Lena, herzlichen Dank für dieses Interview, ich wünsche dir und den Lesern eine schöne Krimizeit und spannende Stunden, Andrea Klier