Man setze sich in einen Kreis aus Frauen in den Endzwanzigern und lasse diesen Satz zum Thema Stillen fallen. Oder noch besser: „Ich weiß nicht, ob ich mein Kind stillen werde“. Dann nimmt man sich eine Packung Popcorn und Cola und schenkt dem bunten Treiben Aufmerksamkeit. Denn nichts wird heftiger diskutiert, wie Themen die mit Babys und Kleinkindern zu tun haben. Tatsächlich habe ich negative Erinnerungen ans Stillen. Sehr negative. Ich habe Claire 6 Monate lang gestillt und war unglaublich glücklich, als wir sie auf Beikost plus Flasche umgewöhnt hatten. Endlich hatte ich wieder einen Teil meiner Selbstbestimmtheit gewonnen, endlich war ich wieder ein Stück freier. Das bringt sicherlich die Ohren so manch Mutter zum Bluten, vor allem derjenigen, die ihre Kinder bis ins Schulalter stillen. Ehrlich gesagt, finde ich dieses Langzeitstillen richtig eklig und mich bekomme jedes Mal ne Gänsehaut, wenn ich sowas mitbekomme. Aber ich sage nix. Die wird schon wissen was sie tut. Jeder sollte machen, was er für richtig hält, so lang er dem Kind nicht schadet. Und ich denke, Flaschenmamis schaden ihren Kindern gar nicht, oder doch?

Stillen - Claires Geburt

Der Stillzwang ließ ein Baby fast verhungern…

Ok, ok, mal ganz von vorne… Ich saß letztens mit einer Bekannten bei einem Stückchen Kuchen zusammen. Sie erzählte von ihrer Schwester. Sie hat vor kurzem ein Kind bekommen. Schon im Krankenhaus hatte sie Probleme mit dem Anlegen. Aber jeder trichterte ihr ein, dass es normal sein. Sie müsse einfach weiter machen. Üben, üben, üben. Stillen ist schließlich das Wichtigste für das Kind. Flaschenkinder haben irgendwelche Defizite und jede Mutter kann stillen, wenn sie nur will. Dieser psychische Druck war natürlich optimal, um das Kind zu stillen – NOT. Ihre Brüste waren mittlerweile stark entzündet, da half jedes Wundermittelchen nix mehr. Es kam wie es kommen musste: Die Hebamme kam einige Tage später zur Schwester nach Hause und war entsetzt. Das Kind sei total unterernährt, sie müsse dringend die Flasche nutzen. Die Mutter war total schockiert:

„Ja aber, das Baby ist doch ganz ruhig und beschwert sich nicht?“ – „Natürlich nicht, es hat keine Kraft mehr dazu!“

Das saß. Die Mutter entschied sich sofort vom Gedanken des Stillens zu verabschieden. Sie war völlig fertig. Immerhin wollte sie alles richtig machen! Aber: Die Flasche musste herhalten. Völlig legitim, wie ich finde. Denn tatsächlich ist es nicht von der Natur aus vorgesehen, dass jede Mutter auch stillen kann. Warum sind wohl damals so viele Babys gestorben? Sie sind teilweise auch verhungert. Natürliche Selektion – so hart es klingen mag. Heute muss kein Baby mehr dem Hungertod erliegen, wir umgehen dieser Selektion, indem es künstliche Milch gibt. Chemisch, ja. Schädlich – das denke ich nicht. Sie enthält Riboflavin, Vitamine C, D, B6, B12, Folsäure, Fettsäure Omega-3, Protein, Kalzium, Eisen, Jod, Zink … viele wichtige Nährstoffe, die wichtig für das Kind sind.

Zusätzlicher Stress verstärkte die Wochenbettdepressionen nur

Zurück zu mir: Auch ich hatte mich dem Stillen verschrien und hielt daran fest. Meine Brustwarzen entzündeten sich, sie bluteten. Bei jedem Stillen habe ich geweint, es tat so weh. Und das nach einer ohnehin schrecklichen Geburt. Den Tag werde ich nie vergessen, denn er war der Schlimmste meines Lebens… Jedes Mal, wenn Claire Hunger hatte bekam ich Panik: Wieder diese Schmerzen. Wieder dieses Ziepen. Wenn ich nicht gestillt hatte, hatte ich schon Angst vor dem nächsten Mal. Es war verrückt. Klar, dass ich da in die Wochenbettdepression verfallen musste. Das Stillen war für mich von Anfang ein rotes Tuch. Auch fand ich es lästig, nachts alle 30 Minuten stillen zu müssen. Manchmal alle 10 bis 20 Minuten. Ich war am Ende meiner Kräfte, schon bei der Geburt. Und es wurde immer schlimmer. Als ich dann wieder aus dem Haus gegangen bin, fand ich es schlimm in der Öffentlichkeit zu stillen. Ich finde es unangenehm meine Brüste vor Gaffern auszupacken. Da hilft auch ein Tuch nicht, das verrutscht mal, das Kind muss man ablegen… Irgendwie sieht man immer was. Und ich finde es grausig. Wie eine Milchkuh, die man auf der Weide begaffen kann. Es war schlimm für mich. Was war ich glücklich, als ich Claire mit 6 Monaten abgestillt hatte. Ganz ehrlich, da ging es ein bisschen aufwärts, auch, weil Claire dann endlich mal 3-4 Stunden geschlafen hat –Geil.

Was will ich damit sagen? Lasst die Mütter machen, was sie wollen. Jeder findet andere Dinge gut oder schlecht. Ja. Ich mag dauerstillende Mütter nicht. Ich mag Mütter nicht, die vor den Augen aller blank ziehen. Isso. Ich gehe aber auch nicht auf sie zu und zwinge, die Kids abzunabeln oder sich ordentlich anzuziehen. Ich lasse die machen. Habe eine Meinung dazu, aber das war´s dann auch. Wieso wird Müttern, die die Flasche von vorneherein in Betracht ziehen dann so doof eingeredet? Ja, Muttermilch ist das Beste, was man dem Kind geben kann. Neben Hormonen und natürlichem Schutz schenkt das Stillen auch Nähe. Aber Flaschenmütter sind deshalb nicht schlechter, nur weil sie es nicht möchten.

Stillen ist gut für´s Kind, aber nicht gut für mich

Was hat mir das Stillen gebracht? Trotz stillen war Claire mit 6 Wochen schwer krank und musste ins Krankenhaus. Meine Brüste sehen ausgemergelt aus, einfach nur „ausgesaugt“. Das sind keine prallen Brüste einer jungen Frau, das sind Hängeschläuche einer 80-Jährigen. Ich konnte nicht alles essen was ich wollte. Nicht trinken was ich wollte. Von Zwiebeln schien Claire schlimme Blähungen zu bekommen. Von Hülsenfrüchten auch. Erdbeeren schien sie zu mögen… Ich aß und trank natürlich auch verschiedene „Stillnahrung“. Also diesen Saft, der die Milchproduktion anregen soll. Und auch andere Nahrungsmittel. Mittlerweile gibt es ja eine breite Palette, Müsliriegel (die Energie hätte ich bestimmt gebraucht), Müsli und sogar spezielle Nahrungsergänzumgsmittel – Milch hatte ich aber immer reichlich, wie eine Milchkuh hätte ich am Tag sicher Liter abzapfen können 😉  Ich verstehe, wenn Frauen vorab sagen, sie wollen das nicht. Ich war am Anfang der Mutterzeit ständig Ko. Verzweifelt, habe viel geweint, hatte große Schmerzen. Und hinzu kommen natürlich die Depressionen, die dadurch sicherlich nicht reduziert worden sind. Wäre ich damals auf dem Stand gewesen, auf dem ich heute bin, ich hätte wohl nicht gestillt. Verbrennt mich. Stillen ist nichts für jede Mutter, sie sind deshalb aber nicht schlechter. Sie sind nur anders und haben andere Prioritäten. Früher wollte ich um jeden Preis stillen und habe mir einreden lassen, dass es das Beste ist. Stimmt nicht. Das Beste ist, wenn Mutter und Kind glücklich sind. Ganz einfach 🙂