Mittlerweile ist es knapp 10 Jahre her, dass ich meinen Mann kennengelernt habe. Nicht aber etwa in der Disco, im Park oder im Supermarkt, nein, wir erfüllen ein ganz besonderes Klischee: Online – in World of Warcraft.

Hochzeit Bautringe

Online-Beziehung: Sinnlos – oder etwa nicht?

„Online-Beziehungen“ können nicht funktionieren – höre ich immer wieder. Fernbeziehungen sowieso nicht. Wenn man jemanden nicht sehen kann, kennt man sich nicht. Das habe keinen Sinn und führe zu nichts. Nichts? Wir waren rund 7 Jahre die besten Freunde, ok, mal mehr und mal weniger. Anfangs konnten wir uns nämlich gar nicht ausstehen. (witzigerweise haben wir beide diesen Punkt in unserem Ehegelübde angebracht). Wir mussten gezwungenermaßen miteinander kommunizieren und gingen uns so manches Mal an die Kehle. Daraus entwickelte sich eine sachte Freundschaft und schließlich eine beste Freundschaft.

Michael wusste alles über mich! Jeglicher Fehltritt, jede Affäre, jegliche Männerstory. Aber auch Ängste, Sehnsüchte und Probleme bekam er mit. Online. Nicht in vertraulichen Gesprächen im Wohnzimmer. Das ging nicht, denn wir wohnten zu weit voneinander entfernt. Trotzdem war es da, das Vertrauen, diese Bindung, die uns schließlich zueinander führen sollte. Leicht war es nicht. Wir sind beides ziemliche Dicköpfe, haben und so manches Mal so stark gestritten, dass wir uns gegenseitig ignorierten (und damit meine ich tatsächlich auf das Setzen der Ignore-Liste) und monatelang nicht miteinander sprachen (schrieben). Bis einer schwach wurde, getrieben von Neugier, Hoffnung und Sehnsucht ergriff dann doch wieder einer das Wort, oder hier: die Tastatur.

Manchmal muss man erst reifen

Irgendwann entschieden wir uns auch mal zu sehen, in „real“ wie man so schön sagt. Dazu lud ich ihn auf eine große Grillparty ein, damals war ich noch mit einem anderen Mann zusammen (ebenfalls aus WoW – wir waren rund 5 Jahre ein Paar – heute mein bester Freund). Wir haben wohl beide gemerkt, dass da etwas war, was wir nicht zuordnen konnten, ein Kribbeln, eine Art Band, was wir aber nicht verfolgt hatten. Schließlich war ich fest gebunden. So auch Sylvester, als er uns erneut besuchen kam und ich nach meinem „besten Freund“ verlangte – in dieser Situation war es allerdings der Eimer, der Bekanntschaft mit ein paar Tequila machte.

Doch auch hier war die Anziehung wieder stark. Es kam, wie es kommen musste und er besuchte mich auch an meinem Studienort. Wir waren allein und alle Stricke rissen. Doch statt „Happy End“ geschah es und wir zerstritten uns abermals. Diesmal sollte es für immer sein. Vollständiger Kontaktabbruch. Doch daran war so gar nicht mehr zu denken. Die Sehnsucht überkam uns erneut. Die Zeit verging und wir versuchten weiterzumachen. Wir trafen uns Monate später erneut. Kein halbes Jahr später gaben wir uns das Ja-Wort. Wieso so schnell? Weil wir es wussten. Wir wussten, dass wir zusammengehören, schon immer, nur haben wir es ignoriert. Wir wussten, dass wir mit dem anderen Menschen unser Leben verbringen können, denn wir kannten unsere dunkelsten Geheimnisse und liebten uns trotzdem. Es war egal.

Was will ich damit sagen? Nun, erst einmal, egal was andere sagen, hört auf euer Herz! Online-Beziehungen sind nicht selten, daraus resultieren meist Fernbeziehungen – ich kenne die guten und auch die schlechten Seiten und es funktioniert, wenn man sich an klare Regeln hält:

Damit aus dem Liebes- kein Trauerspiel wird

1) Deadlines setzen
Ist der Liebste nur einen bestimmten Zeitraum in weite Ferne gerückt, wird es einfacher. Damit hat man die Deadline immer vor Augen und kann sich auf den Partner freuen. Und das ist der Punkt: Denn Fernbeziehungen funktionieren nur dann, wenn man einen Plan hat. Und der sieht so aus: Das Wichtigste ist, sich im ersten Jahr der Beziehung Gedanken über die Zukunft zu machen. Wie lang wird die Entfernung zwischen uns stehen? In welchem Land werden wir später leben? Ganz ohne Opfer kann es nicht funktionieren, denn früher oder später muss einer seinen Job, Familie, Freunde aufgeben und schließlich das Land verlassen, um dem Partner hinterher zu reisen.

2) Probleme besprechen
Ein weiterer Tipp: Probleme ansprechen! Nicht selten versucht man, die wenige, gemeinsame Zeit nur auszukosten. Da bleibt wenig Raum, um Probleme oder Beziehungskrisen anzusprechen. Hier schleichen sich allmählich alltägliche Wehmutstropfen und schaden der Beziehung. Darunter leiden Männer und Frauen gleichermaßen. Sprecht also nicht erst miteinander, wenn es bereits zu spät ist – zur Not skyped, das kostet nichts und ihr könnt euch dabei in die Augen sehen.

3) Keinen Zeitdruck
Wen mehrere tausend Kilometer trennen, kann sich selten körperlich nahe zu sein. Da gilt es, jede Sekunde voll auszukosten: Lasst euch aber dennoch bloß nicht unter Zeitdruck setzen. Klar, die gemeinsamen Stunden vergehen schnell, aber bereits am Abend vor der Abreise wieder in Trauer zu verfallen, verdirbt die restlichen Momente. Verlängert wenn möglich (Urlaub) die wenige gemeinsame Zeit, die ihr habt lieber um ein paar Tage und genießt diese – statt der vielen kurzen Treffen am Wochenende. So sparen Paare einerseits Geld, andererseits ist der Reisestress nicht so groß.

Wir haben es geschafft, alle Hürden zu überbrücken. Sind mittlerweile seit April 2013 glücklich verheiratet und haben eine wundervolle Tochter 🙂 Natürlich streiten wir auch jetzt noch, doch egal, wie böse wir aufeinander sind, wir hören dabei nicht auf uns zu lieben. Auch für größere Macken. Wenn auch mal Funkstille ist, so sprechen wir tags drauf wieder miteinander und versuchen das Problem zu lösen. Das it das Positive an einer Nicht-Fernbeziehung: Hier gibt es keine Ignore-Listen 😉

Bleibt euch selber treu

Beziehungen funktionieren nur dann, wenn man Probleme anspricht und versucht Kompromisse zu finden. Es ist ein Geben und Nehmen und manchmal muss eben auch der „Dümmere“ nachgeben. Wichtig ist, hört auf euer Herz, lasst euch von niemanden hineinquatschen und macht eure eigene Erfahrungen. Überstürzt nichts. Die Frau, die ich heute bin, war ich vor 10 Jahren nicht. Da hätte die Beziehung vielleicht nie geklappt. Wir sind über die Zeit gereift und gaben unseren Gefühlen erst dann nach, als die Zeit gekommen war. Manchmal muss man sich in Geduld üben. Doch auch hier, vertraut auf euer Gefühl und eure Intuition. Die Liebe ist wundervoll, sie kann aber nicht erzwungen werden.

Dieser Beitrag entstand übrigens im Zuge der Blogparade „Blogger packen aus“ von „Deine perfekte Beziehung“.

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Bild: deineperfektebeziehung.de

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