Uff. Das war sie also. Meine letzte Coaching-Stunde mit Lena. Statt ein softes Abschlussgespräch zu machen, sind wir nochmal ganz tief in meine Seelenwelt eingetaucht. Das war harte Kost, das sag ich euch gleich. Die positiven Effekte konnte ich aber direkt am Folgetag spüren! Das war´s voll wert. Das Coaching hat mir etwas klargemacht, sodass ich mich und meine Wut bändigen konnte. Ich habe ein Werkzeug an die Hand bekommen, was mich langfristig gesehen gegen meine innere Wut wappnen kann. DANKE.
Übersicht über die Coachings:
- Was ist ein Mama-Coaching? | Glaubenssätze
- Das negative Selbstbild | Positive Selbstwahrnehmung stärken
- Mein Endgegner | Das innere Kind
Die gespeicherte Wut
Den Impuls diese Sitzung gab tatsächlich das Buch von Katia Saalfrank „Kindheit ohne Strafen“ (Werbung | Amazon-Partnerlink). In Kapitel 2 „Wenn Eltern Strafen“ las ich einen total spannenden Absatz über elterliche Wut. Wo kommt sie her? Was kann man tun? Katia beschreibt mögliche Quellen eines Wutanfalls seitens der Eltern und geht dabei auf Verletzungen der Seele ein:
„Menschen, die in ihrer eigenen Entwicklung als Babys und/oder Kleinkinder in ihren frühen Beziehungen selbst wenig Wärme, wenig Zuwendung und kaum Anerkennung ihrer emotionalen Bedürfnisse erfahren haben, sondern viel Ablehnung und Abwertung, tragen eine enorme Wut in sich, die im Erwachsenenalter dann oft ungefiltert ausbricht.“ (vgl. „Kindheit ohne Strafen von Katia Saalfrank, 4. Auflage 2018, Seite 117/118)
Man spreche dabei von einem Entwicklungstrauma. Wenn ich von meiner Kindheit erzähle, sage ich einen Satz sehr oft: „Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Mama mir jemals gesagt hätte, dass sie mich lieb hat oder liebt“. Tatsächlich habe ich das zum ersten Mal als junge Erwachsene gehört. Viel zu spät leider. Da meine Kindheit auch von körperlicher und emotionaler Gewalt sowie Missbrauch geprägt war, kann ich mir gut vorstellen, dass ein Entwicklungstrauma vorliegt, welches nie verarbeitet wurde.
Babys und Kleinkinder können sich nicht wehren
Katia erklärt weiter, dass Babys oder Kleinkinder sich noch nicht wehren können. Sie seien „hilflos und ohnmächtig ausgeliefert“. Ich bin mir sicher, dass ich das auch war, als man mich als Baby schreien lies (gängige Einschlaflernmethode). Zwar gäbe es den Impuls sich als Baby zu wehren, aber es geht nicht. So verfällt man quasi in eine Art Schockstarre und macht Nichts. Sämtliche Energie, die dazu gedacht war, sich zu wehren, wird unterdrückt. „Sie steckt aber weiterhin in unserem Nervensystem“. Und das ist der springende Punkt. Sie ist da, tief unter der Oberfläche vergraben und wartet nur darauf entfacht zu werden.
Wer Kinder hat, weiß, wie tief sie bohren können. Wie stark die Emotionen sind, die man als Eltern empfinden kann – positiv, als auch negativ. Es würde mich nicht wundern, wenn Claire mit ihrem Verhalten diese negativen Energie, die in mir schlummern, geweckt haben könnte. Ich habe Lena kurz davon erzählt. Ihr meinen Verdacht auf meine schlummernde Wut geschildert und um einen Rat gefragt. Sie hat mir vorgeschlagen mein inneres Kind zu besuchen. Dafür haben wir uns auf eine Reise in die Vergangenheit gemacht.
Ist das nicht zu esoterisch?
Wenn ich das jetzt so niederschreibe, klingt das verdammt esoterisch. Allein „inneres Kind“ klingt nach Ayurveda-Guru-Sekte. Oder nicht? Früher fand ich derlei Begriffe auch super befremdlich. Mittlerweile gebe ich ihnen eine Chance – und werde immer wieder überrascht… Ich möchte euch nun im Groben von meiner Reise zum inneren Kind erzählen. Erstmals werde ich auf dem Blog aber nicht zu sehr ins Detail gehen, denn es ist sehr intim. Schon zu intim, selbst für mich. Dennoch möchte ich euch zumindest erklären, was wir gemacht haben. So bekommt ihr eine vage Vorstellung davon, was dieses „innere Kind“ eigentlich ist. Und vielleicht gibt es euch auch Impulse, um eigene Probleme zu lösen.
Zuerst war es notwendig eine sichere „Homebase“ zu finden. Eine Erinnerung an einen Ort hervorzurufen, in dem ich mich sicher gefühlt hatte als Kind.
An dem ich Geborgenheit erlebt habe. Dieser Ort sollte als Rückzugsstation dienen, wenn es zu heftig wird. Ich habe mich für mein Kuscheltierreich entschieden. Als Kind habe ich einen Bettbezug mit Kissen und Stofftieren gefüllt und mich dann in diese Höhle verkrochen. Darin habe ich in meiner Fantasiewelt mit meinen Freunden gesprochen und gekuschelt. Diesen Ort und die Emotionen, die ich darin gespürt habe – sollte ich mir ins Gedächtnis rufen und festhalten. Dann ging es los…
Die pulsierende Wut
Erstmal sollte ich sollte mir eine Situation in den Kopf rufen, bei der ich diese Wut verspürte, die mir das Leben so schwer macht. Das war dann die klassische „mein Kind hört nicht“-Falle. Claire hüpft gern auf der Couch und ignoriert unsere Bitten es nicht zu tun, mit konsequenter Regelmäßigkeit. Nach mehreren Bitten, Angeboten etwas anderes zu tun, Kompromissvorschlägen, …. Nix Hachz.
Ich werde ich wütend und befehle ihr quasi die Couch zu verlassen. Sie macht es nicht. Ich bin wütend. Diese Situation und die Wut, die ich verspürt habe, sollte ich nun beschreiben. Wo sitzt die Wut? Wie fühlt sie sich an? Welche Farbe würde ich ihr geben? Haben wir die Situation so weit manifestiert, folgt die nächste Aufgabe: Ich soll in der Vergangenheit zurückgehen und eine Situation finden, in der ich diese Art Wut ebenfalls gespürt habe. Schrittweise.
Zurück zum Anfang
Die nächste Situation in der ich eine rasende, wirklich übermächtige, alles verzehrende Wut verspürt habe, lag etwa 3 Jahre zurück. Ich hatte Streit mit meinem Mann. Die Ehe stand kurz vor dem Aus. Ich sollte mich in die Situation zurückversetzen, nochmal die Emotionen hochkommen lassen. Wir haben diese Situation als Meilenstein vermerkt und sind weiter zurückgegangen.
Ich war ungefähr 14 oder 15 und bin mit meinem Stiefvater aneinander geraten. Er hat mich geschlagen und ich habe ihn angebrüllt, dass ich die Polizei rufe, wenn es war jemals wieder täte. Es war das letzte Mal, dass er mich schlagen sollte. Kurz darauf bin ich ausgezogen. Auch diese Erfahrung haben wir notiert und sind weiter zurückgegangen.
Wir kamen bei meinem 6-jährigen Ich an. Die kleine Yasmin, die vom Ehemann ihrer Mutter missbraucht wurde. Auch hier, war neben eine Palette anderer, heftiger Gefühle, die Wut mit dabei. Wut, dass mir so etwas angetan wurde. Wut, dass meine Mutter mich nicht beschützt hat… Diese Erfahrung haben wir als frühste Erfahrung festgehalten – denn an meine frühe Kindheit erinnere ich mich so gut wie gar nicht aktiv.
Was hat mir gefehlt?
Wir haben die Situation aus meiner Kindheit nun hergenommen und auf einem Whiteboard die betreffenden Personen skizziert: Mich, meine Mutter und den Ehemann (Ivan). Ich sollte im Kreis darstellen, wie nahe sie mir in dieser Situation waren und wohin sie jeweils geblickt haben. Dabei war mir Ivan natürlich sehr nah und sein Blick war auf mich gerichtet. Ich habe von ihm weggeschaut. Meine Mutter war weiter weg, sie hat ebenfalls nicht hingesehen (bzw. war es gefühlt für mich so. Sie war ja nicht einmal im Raum).
Im nächsten Schritt sollte ich beschreiben, was den Personen jeweils gefehlt hat – aus meiner Sicht. Bei Ivan war es klar die Selbstkontrolle (die ich auch so sehr vermisse), um sich nicht an mir zu vergehen. Bei meiner Mutter fehlte später die Empathie, um mich (anschließend) in meiner Not zu sehen und aufzufangen. Mir selbst hat in dem Moment die Liebe gefehlt. Ich hätte eine liebevolle Umarmung und Liebesbekundungen gebraucht, als meine Mutter herausfand, was geschehen war. Ich wollte wahrgenommen werden und Schutz erfahren. Doch so ist es leider nie passiert.
Nachdem wir bei der Polizei waren, wurde nicht mehr über das Thema gesprochen. Keine Aufarbeitung, keine Umarmungen, nichts.
Mein persönlicher Schutzpanzer
Wir haben nun der kleinen Yasmin diese fehlenden Dinge „mitgegeben“. Um ein positives Gefühl für sie zu erzeugen. Dieses sollte ich als eine Art „Panzer“ nun um mich legen und mit in die anderen Situationen tragen. Ich habe ihr Empathie gegeben, Verständnis, habe sie wahrgenommen. War ihr die Mutter die ich mir gewünscht habe (klingt irgendwie komisch, oder?).
Mit diesem Schutzpanzer bin ich nun erneut – rückwärts – durch meine Erinnerungen marschiert. Zusammen mit Lena. So konnte ich nach und nach die Wut aufarbeiten, die ich verspürt habe. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem Claire wieder mal auf der Couch herumgehüpft ist, und mich zur Weißglut gebracht hat.
Erste Erfolge kamen instant
Das mag jetzt etwas banal klingen. Liegt auch sicher daran, dass ich alles stark vereinfacht geschildert habe (ich möchte Lena ja auch nicht die Arbeit wegnehmen hihi). Aber wisst ihr was? Es hat geholfen! Ich fühlte mich etwas leichter, befreiter. War sofort gelassener im Umgang mit Claire. Kurze Zeit später hatte ich eine Situation mit Claire, in der ich mich und meine Wut wunderbar kontrollieren konnte.
Ich rief mir einfach ins Bewusstsein: Du wirst jetzt gerade nur wütend, weil dein inneres Kind so wütend ist. Claire kann nichts für deine Wut. Sie ist nur ein Kind. Claires Wutanfall ist einfach so verpufft, weil ich mich im Griff hatte und begleiten konnte.
Freund oder Feind?
Das innere Kind, welches mich manchmal so gut im Griff hat, ist aber nicht mein Feind. Es ist nicht der Boss am Ende einer ultimativen Quest (Erziehung meiner Mädels), die ich erledigen muss. Das innere Kind ist ein Teil von mir, mit dem ich mich aussöhnen muss. Der Schutzpanzer war der erste Schritt dazu. Ich muss versuchen weiter dran zu bleiben.
Wenn ich mit mir im Reinen bin, klappt es sicher auch besser mit Claire. Das ist aber leider noch ein weiter Weg… Aber ich bin froh mich auf das Mama-Coaching mit Lena eingelassen zu habe. Die ersten Schritte in die richtige Richtung sind gemacht – ich muss jetzt weiter gehen.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Lena (von Kraftvoll Mama) für ihre empathische Führung durch meinen Irrgarten an Emotionen bedanken. Sie hat mir stets Impulse gegeben, sodass ich mit den Denkanstößen weitermachen konnte – ohne in eine Richtung zu schubsen. Außerdem hat sie mich nie be-/verurteilt – egal, wie „dunkel“ meine Gedanken geworden sind. Sie hat eine offene, fröhliche Art, womit ich mich sehr wohl gefühlt habe.
Seid ihr eurem inneren Kind auch schon Mal begegnet?
Vielen Dank für teilen mit uns Ihre Gedanken Yasmin