Gastbeitrag Janine Funke von promovierenmitkind.de

Janine schafft etwas, wovor ich großen Respekt habe: Sie promoviert, obwohl sie ein Kind hat und aktuell schwanger ist. Auf ihrem Blog schreibt sie über den Familienalltag sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie beschreibt, welche besonderen Herausforderungen sie meistert und möchte andere Doktorand*innen Mut machen, sich nicht von der Familienplanung abhalten zu lassen. Um ihren Traum wahr zu machen nutzt sie beispielsweise Angebote wie wie das Bonner“Rockzipfel“ – hier können Eltern arbeiten und sich gegenseitig mit dem Babysitting abwechseln. Was sie aber dabei fühlt, wenn sie ihr Kind berufsbedingt für einige Zeit nicht sehen kann, hat sie nun in diesem Gastbeitrag zusammengefasst. DANKEschön Janine 🙂

Zu meiner Arbeit als Doktorandin gehören regelmäßige Reisen. Ums ins Archiv, zu Konferenzen oder an mein Institut zu kommen muss ich einige Stunden Bahnfahrt auf mich nehmen und im Zweifel übernachten. In den ersten Monaten habe ich meine Tochter immer mitgenommen. Mittlerweile fahre ich allein und fühle mich nicht gut dabei.

Fragen über Fragen

Es ist wieder soweit. Bald steht ein Seminar an und ich muss für einige Tage und Nächste wegfahren. Das Seminar ist wichtig für meine Arbeit. Ich spüre den Druck. Es sind 5 Tage und 5 Nächte, die längste Zeit, die ich je von meiner kleinen Babytochter getrennt war. Sie ist jetzt 11 Monate. Bisher beliefen sich meine zwei Reisen mit Übernachtung auf eine und das andere Mal zwei Nächte. Emilia stillt kaum noch und nimmt gern die Flasche. Ich bin Meisterin im Abpumpen. Sie kennt den Papa gut, schließlich war er von Geburt an täglich bei ihr und ist, genau wie ich, ihre erste Bezugsperson. Sorgen um ihr Wohlergehen muss ich mir nicht machen. Meine letzte Reise verlief super, sie hat nicht geweint und sich verhalten wie immer. Trotzdem sind in meinem Kopf tausend Fragen.

Wie sehr vermisst sie mich? Versteht sie, warum ich ein paar Tage weg bin? Ist sie vielleicht sogar enttäuscht mich so lang nicht zu sehen? Geht es ihr wirklich gut?

Gefühlschaos

Neben all den Fragen gibt es dann noch meine ganz eigenen Gefühle. Ich vermisse sie, wenn sie nachts nicht neben mir liegt. Egal wie oft ich aufwache und wie wenig ich schlafe. Ich vermisse ihren Geruch, ihr Lachen, unsere gemeinsame Spiele. Ich vermisse ihre Freude und kindliche Gelassenheit. Noch vor einem Jahr hätte ich nicht geglaubt, dass es mir so schwer fallen würde von ihr getrennt zu sein. Es fühlt sich an, wie frisch verliebt zu sein und die geliebte Person einfach nicht sehen zu dürfen. Nur dauerhaft. Manche mögen jetzt sagen: Du musst loslassen. Du kannst sie nicht ewig an dich binden. Es sind doch nur ein paar Tage. Ja, das stimmt. Aber sie ist noch ein Baby und ich bin erst seit einem Jahr Mutter. Diese Gefühle beschreiben nicht ein Übermuttern meinerseits, sondern viel eher ganz normale Gefühle von Liebe und Zuneigung zum eigenen Kind. Ich weiß das. Und umso schwerer fällt es mir eine Entscheidung zu treffen.

Erfahrungsbericht: Trennung vom Kind

Bild: Janine Funke

Wie machen das all die anderen?

Ich weiß, meine Situation ist im Gegensatz zu anderen Familienkonzepten noch sehr luxuriös. Es gibt Elternteile, die immer unter der Woche an einem anderen Ort arbeiten. Von Geburt an. Vielleicht auch mehrere Wochen am Stück, weil es der Job so verlangt. Mein Papa war selbst einer davon. Er war meistens drei Wochen am Stück weg und dann eine Woche da. Auch direkt nach meiner Geburt musste er erstmal für einige Wochen weg. Ich habe ihn mal gefragt, wie das für ihn war. Und er meinte er würde es nicht wieder so machen. Das finde ich schon bezeichnend. Sicher, es ist entscheidend wie lang und wie oft man lang weg fahren muss. In meinem Fall kommt es vielleicht höchstens einmal im Monat für ein bis zwei Nächte vor. Die fünf Tage sind eine absolute Ausnahme. Trotzdem sind die Gefühle nicht weniger intensiv.

Vielleicht gewöhnt man sich auch daran? Zumindest ist es das, was einem einige Menschen entgegnen, denen ich versuche meine Gefühle zu schildern.

Nun, ich weiß es nicht. Wahrscheinlich wird es zur Gewohnheit je öfter man es macht. Sicherlich werden wir auch in einigen Jahren, wenn die Kinder größer sind mal einige Tage allein wegfahren. Oder die Kinder fahren allein mit den Großeltern weg. Ich glaube dann wird es leichter. Der Unterschied ist, jetzt kann Emilia mir noch nicht sagen, wie sich meine Abwesenheit für sie anfühlt. Sie versteht noch nicht, dass ich auf jeden Fall wiederkomme wenn ich mehrere Tage weg bleibe. Und der Gedanke quält mich.

Es bleibt ein Dilemma

Und jetzt? Spontan würde ich sagen, die einfachste Lösung wäre, ich nehme einfach an allen Treffen via. Internet teil. Ich halte meine Vorträge auf Skype, mache Webinare statt Schreibseminare vor Ort und Besprechungen per Telefon. Abgesehen vom fehlenden Angebot, geht das einfach nicht immer.

So schön wie Homeoffice-Arbeit ist, manchmal muss man doch unter Menschen und ein Face-to-Face Gespräch führen. Manchmal zählt die Atmosphäre.

Das lange Seminar über fünf Tage werde ich wohl absagen. Ich fühle mich noch nicht bereit und ich glaube, wenn mein Gefühl mir sagt, das ist zu lang, sollte ich darauf hören. Vielleicht bringt es mir Nachteile im Schreiben meiner Doktorarbeit. Aber ich bin mir sicher, ich werde nicht bereuen stattdessen neben meiner Tochter einzuschlafen. Was sind Eure Erfahrungen?

Über Janine

Janine ist Mutter von Emilia (11 Monate) und einer Babyerbse im Bauch (21. SSW). Sie schreibt gerade an ihrer Doktorarbeit und betreut Emilia von Beginn an mit ihrem Mann gleichberechtigt. Beide arbeiten zum großen Teil im Homeoffice an ihrer Arbeit. Über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf berichtet sie auf ihrem Blog PromovierenmitKind.

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