Schwanger nach Fehlgeburt

„Schwanger! Juhuuuuu!“ So in etwa hätte meine Reaktion beim Schwangerschaftstest letzten November sein müssen. Allerdings war sie eher verhalten: „Oh schwanger. Ok“. Das lag nicht etwa daran, dass ich überrascht gewesen wäre. Immerhin hatten wir uns zu einem zweiten Kind entschlossen und übten seit letztem Juni schon fleißig.  Dennoch: In dem Moment, indem ich von der Schwangerschaft erfuhr, hat mich eine dunkle Wolke überrollt. Umwoben von Ängsten, Zweifel und plötzlicher Selbstzweifel habe ich meinen Mann informiert. Auch er hat sich nicht so herzlich gefreut, wie man es sollte. Allerdings ist er Pragmatiker „Unter der 12. Woche ist nichts sicher, da lohnt es sich nicht sich zu freuen“.  Harte Worte. Naja, soooo Unrecht hat er damit nicht. Schließlich haben wir erst im August unsere kleine Mohnblüte verloren.  Abgang in der 6. Woche, nach vielen Stunden und Tagen zwischen Hoffnung und Bangen…

Ungeahnte Freude und erschütternde Gewissheit

Ganze 50% der Fehlgeburten ereignen sich in der Frühschwangerschaft, oft unbemerkt von der Mutter (sagt mein Frauenarzt).  Meist werden diese als verspätete Periode wahrgenommen. Ein Ende, wo es noch keinen richtigen Anfang gab. Ich allerdings wusste Bescheid. Hatte mich gefreut. WAHNSINNIG gefreut! Immerhin hatte ich vorab schon brav meine Folsäure Tabletten eingeschmissen, auf allerhand Lebensmittel verzichtet und bin Gefahrenquellen aus dem Weg gegangen. Kaum hielt ich den positiven Test in der Hand bin ich freudestrahlend zu meinem Mann ins Schlafzimmer gerannt und habe ihn aus dem Bett gezerrt. Wie ein wildgewordener Flummiball bin ich um ihn herum gehüft. Jeden Tag habe ich den Bauch gestreichelt und der Mohnblüte gesagt, dass ich mich freuen würde. Unser Traum hatte sich in Windeseile erfüllt – immerhin hatten wir nur knapp über 2 Monate „geübt“ – und wurde ebenso schnell zum Alptraum…

Als die ersten Schmerzen kamen, wusste ich, dass da was nicht stimmen kann. Ich war beunruhigt, ging zum Arzt. Nach einigem hin und her, die Gewissheit: Das Kind ist nicht mehr. Mit dem Kind schien meine Fröhlichkeit zu verschwinden. Es ist eigentlich ziemlich unfair. Der Erbse gegenüber, meine ich. Auf die Mohnblüte hatte ich mich so sehr gefreut. Bei der Erbse konnte und kann ich es nicht. Nicht so. Die ersten Wochen waren Nervenaufreibend. Das Gefühl was mich bestimmt hat, war nicht Freude. Es war Angst! Und mit der Angst, da kamen die negativen Gedanken… Ob ich denn überhaupt bereit sei nochmal Mutter zu werden? Ob es nicht doch besser wäre, das Kind wieder zu verlieren, weil ich eine furchtbare Mutter bin? (vor allem in Situationen in denen ich mein Kind gerade wieder angemotzt hatte). Wenn jemand selbstzerstörerisch sein kann, dann bin ich das.

Bin ich eine Drama-Queen?

Jedes kleine Ziepen im Unterleib bringt mich auf Alarmstufe Rot. Jeder Ausfluss macht mich nervös. Ich habe immer Angst Blut im Slip zu entdecken. Ich bin schon wirklich paranoid! Eine schöne Schwangerschaft kann man das nun nicht nennen… Ich hoffe sehr, dass sich das endlich entspannen wird. Immerhin bin ich in Woche 14 – habe die „Safe Zone“ erreicht. Die meisten Fehlgeburten geschehen in den ersten 12 Wochen. Da ich weder zu einer Risikogruppe gehöre, noch besonders ungesund lebe, sollte eigentlich nichts passieren. Sollte. Mein Hirn erreichen diese Informationen nur leider nicht… Weil ich so eine unglaubliche Stresspustel bin, hat mein Mann mir sogar schon einen Fetal Doppler besorgt. JEDEN Abend höre ich nun kurz nach den Herztönen meiner Erbse und kann zumindest in diesen Minuten entspannen und mich einfach freuen. Die Momente der Vorfreude werden tatsächlich schon häufiger. Manchmal richtig schön intensiv. Ich hoffe, dass ich das ausbauen kann.

Die Ankündigung der Schwangerschaft: Mit kleiner Anspielung auf der Weihnachtskarte.

Engelchen gegen Teufelchen

In mir tobt aktuell ein echt wilder Kampf: Herz gegen Verstand, wenn man so will. Das Herz möchte Babyklamotten besorgen, das Kinderzimmer umdekorieren (wo das Baby ohnehin nicht schlafen wird), ein Bestellbett ordern, eine Trage besorgen, einen Kinderwagen anschaffen und am liebsten alles „babysicher“ machen. Der Verstand ist da verhalten. Nur die Ruhe, sagt er mir. Noch kann etwas passieren. Warten wir noch einige Wochen ab, nicht, dass alles umsonst war. Die Freude, das Geld, die Mühe… Engelchen und Teufelchen sitzen mir im Nacken, wenn man so will.

Und ja ich weiß: Eigentlich sollte ich echt die Klappe halten. Unzählige Frauen – auch in meinem Freundeskreis – versuchen seit Monaten oder Jahren überhaupt schwanger zu werden. Und ich blöde Kuh mit dem SUPER-Sperma meines Mannes werde gleich zweimal innerhlab von 5 Monaten schwanger und motze dann auch noch herum. Ich verstehe, wenn ihr euch irgendwie angegriffen fühlt. Glaubt mir: Das mein ich gar nicht so. Mir ist vollkommen bewusst, dass ich einen echt fruchtbaren Uterus habe (liegt übrigens in der Familie) und dankbar sein sollte. In diesem Punkt bin ich es auch, versteht mich nicht falsch! Ich stehe mir hier echt selber im Weg, um glücklich zu sein. Die Angst, der Pessimismus – das bin alles ich!

Vernunft ist nichts, Gefühl ist alles – oder?

Eigentlich bin ich der Typ, der sich von den Emotionen leiten lässt. Diese werden allerdings von meinem  weitgreifenden Pessimismus (entstanden in der Kindheit) bestimmt. Hinzu kommt noch die panische Angst vor der (natürlichen „Fake“) Geburt, die ich aber noch in einem Gastbeitrag bei der lieben Perlenmama erläutern wollte. Alles in allem ist es gerade ziemlich schwierig mit mir: Ich will mich freuen, doch kann es nicht. Ich hatte sogar große Angst davor meiner Familie und Arbeitgeber Bescheid zu geben. In meinen Gedanken hatte sich festgesetzt, dass das Baby sich mit dem Outing erneut verabschieden würde. Kaum hatte ich in der letzten Schwangerschaft von meinem Glück erzählt, kam der Abgang. Dieser Schock saß noch tief… Und so pendele ich zwischen Freude und Glückwünschen sowie Ängste und Sorgenfalten…

Kann mich jemand verstehen? Nachvollziehen, was ich da durchmache? Meine Gedankengänge verstehen? Haben weitere Leser eine Fehlgeburt erlitten und kamen ähnlich schlecht damit zurecht? Oder könnt ihr darüber stehen und euch frei von allem machen? Ich bin auf eure Berichte gespannt. Wer mag, gern auch anonym.

Liebe Grüße

Eure

Yasmin