Vor Kurzem hatte ich auf Twitter gefragt, ob es denn Berichte von Vätern gäbe, die Ablehnung von ihrem Kind erfahren haben. Denn genau diese Situation haben wir gerade zu Hause. Was heißt gerade… seit über einem Jahr bin ich Claires Superheldin und Papa ist….eben Papa. Wenn er da ist, ist es ok, aber wehe, Papa möchte dem Kind zu nahe kommen…Und Papa leidet darunter. Wirklich, wirklich sehr… Daher möchte ich heute Papa Michael zu Wort kommen lassen.

Papa hält Claire stolz auf dem Arm

Nicht die Mama! Zur Nummer 2 verdonnert

Zuvor möchte ich euch aber noch erzählen, wie es eigentlich dazu kam… Es ist so, dass Claire eine sehr enge Verbundenheit zu mir hat. Solang ich da bin, darf Papa so gut wie nichts:

  • Papa will das Brot schmieren – Nein, Mama!
  • Papa will die Schuhe anziehen – Nein, Mama!
  • Papa will die Windeln wechseln – Nein, Mama!
  • Papa will ihr einen Gegenstand reichen – Nein, Mama!
  • Papa will sie auf den Arm nehmen – Nein, Mama!

Diese Liste lässt sich beliebig fortführen. Sofort wurde ich gefragt, ob denn was vorgefallen sei – die Alarmglocken gingen an. Liebe Mamas: Hier läuft es eigentlich recht harmonisch zwischen den beiden ab. Vor allem, wenn ich nicht da bin. Papa macht Claire jeden Morgen für die KITA fertig – Ich bin da schon außer Haus. Und es klappt. Auch, wenn ich mal 1 bis 2 Tage nicht da bin und woanders übernachte, klappt es ganz toll mit Claire. Am Wochenende, wenn Claire gut drauf ist, unter der Woche – Ständig sucht Claire den Kontakt zu Papa und kuschelt ihn auch. Und dennoch lehnt sie ihn – sobald ich da bin – ab. Seit 1 Jahr.

Ich habe tatsächlich schon so ein paar kleine Vorwürfe herausgehört, wenn vielleicht auch gut gemeint, oder nicht so gemeint. Als, ob sich mein Mann nicht Mühe geben würde, oder noch mehr tun sollte. Aber bei uns ist das nicht so. Wir stecken beide viel Mühe, Liebe und Zeit in Claire. Anfangs ist Michael immer mit aufgestanden, wenn Claire ihre Schreiattacken hatte. Er konnte sie geduldig stundenlang im Schlafzimmer umhertragen und im Arm wiegen. Wir haben zusammen für Claire gesungen, Geschichten erzählt, waren für sie da. Nachts ist auch er aufgestanden und hat die Flasche gegeben, als die Stillzeit vorüber war und ich so müde war, dass ich nicht mal mein weinende Kind gehört habe. Michael gehört zu den Vätern, die ihrem Kind ohne mit der Wimper zu zucken die Windeln wechselt. Im Krankenhaus war er sogar der Erste, der Claires Windel gewechselt hat, weil ich nach der Horror-Geburt nicht konnte.

„Ich fühle mich zurückgestoßen. Manchmal glaube ich, sie mag mich überhaupt nicht. Ich glaube sogar, dass es egal wäre, ob ich da bin, oder nicht“.

Das hat gesessen. All mein Zuspruch und meine Versuche die Bindung zwischen Vater und Tochter zu stärken, scheinen nichts zu bringen. Schlimmer noch: Papa Michael ist richtig böse verletzt. Es tut weh vom eigenen Kind abgewiesen zu werden. Es tut verdammt weh, wenn man(n) das Gefühl hat, das eigene Kind liebt mich nicht.

An dieser Stelle sind Kommentare wie: „Das vergeht schon“ oder „Der soll sich nicht so anstellen“ und „Ach, das ist doch normal, das kommt mit der Zeit“ einfach vollkommen daneben. Und ich habe es oft gehört. Verstehen (es waren bisher Frauen) Mütter den Schmerz nicht, der dahinter steht? Oder sonnen sie sich in der Mama-Kind-Beziehung und finden es sogar gut, wie es ist? Das möchte ich niemandem unterstellen, manchmal kommt es mir aber so vor. Oder meinen sie es eigentlich gut, aber denken sie einfach vorher nicht richtig nach? Ich weiß es nicht. Was ich weiß: Mein Mann hat Schmerzen. Innen drin. Tief im Herzen. Und ich weiß verdammt nochmal nicht, wie ich sie ihm nehmen kann…

Erinnere dich und bleibe stark, Liebling…

Michael hat sich auf das Familienbett eingelassen (mit einiger Diskussion) und mittlerweile liebt er es genauso wie ich (die es damals auch total ätzend fand). Er hat meine Wünsche bzgl. Erziehung akzeptiert, auch, wenn er mich manches Mal für durchgeknallt gehalten hat. Michael hat Claire gefüttert, getragen, geschoben, gewickelt, bespaßt, gekuschelt, gedrückt, geliebt. Durch seinen Job vielleicht nicht so oft wie ich, aber genauso intensiv. Vielleicht hat er seine Gefühle anders gezeigt, aber anders ist nicht schlechter. Michael hat seinen Job als Papa wirklich gut gemacht, ich habe ihm nichts vorzuwerfen. Daher ist es umso unfairer und schmerzlicher, dass er zur Nummer 2 degradiert worden ist. Aber ich möchte dir sagen: Das wird wieder gut. Ich weiß es. Ich kann es wissen, weil Claire dich sehr, sehr liebt! Du glaubst mir nicht?

Erinnerst du dich…

  • …an das letzte Mal, al Claire dir einfach so um den Hals gefallen ist, um dir ein Küsschen zu geben? – Das macht sie richtig oft!
  • …an die Nächte, in denen sie sich heimlich an deinen Rücken rollt, nur um in deiner Nähe zu sein? – Weil sie dich gern hat!
  • …daran, dass sie ihre Hand um deinen Kopf gelegt hat und ihn auf ihre Brust gezogen hat? – Weil sie dich liebt!
  • …wann sie das letzte Mal „Hab dich lieb, hab dich lieb, hab dich lieb“ gesagt hat? Und dir wilde Küsschen zugeworfen hat.
  • …daran, dass du abends NIE ohne dich von ihr zu verabschieden und ein „Hab dich lieb“ aus dem Zimmer gehen darfst? Weil sie sichergehen will, dass du es weißt.
  • …an eure schöne Papa-Tochter-Zeit jedes Mal, wenn ich länger nicht da bin? Sie genießt es.
  • …an den Spaß, den ihr zusammen auf dem Trampolin habt? Weil du der wildere von uns beiden bist!
  • …an die Momente, in denen sie unentwegt nach deiner Aufmerksamkeit verlangt, nur um dir zu sagen, dass sie dich liebhat? Weil, Isso!
  • …daran, dass sie ihr Essen mit dir teilt, auch, wenn sie fast nicht mehr hat? Weil du für sie stark bleiben sollst!
  • …an unsere gemeinsamen Kuschelzeiten im Bett, in denen sie uns beide einfordert und uns ihre Liebe zeigt? Weil wir ihr beide wichtig sind.
  • …an ihre ersten Worte? Da gehörte ganz klar Papa dazu!
  • …an das erste Mal, als du sie nach der Geburt in den Arm genommen hast? Der erste Mensch, der sie geliebt hat, warst du!

Ich habe bestimmt noch jede Menge Momente vergessen. Echte Glücksmomente. Die sind nur möglich, weil sie dich wirklich sehr liebt. Vielleicht liebt sie mich ein kleines bisschen mehr – für den Moment. Aber ihr Herz ist so groß und hat so viel Liebe übrig, dass du auch ein Riesenstück davon abbekommst – davon bin ich überzeugt!

Papa badet das Baby in Olivenöl

Es ist unsagbar schwer, wenn sie dich ablehnt. Das verstehe ich. Aber versuch so viel Kraft und Zuversicht zu tanken, wie es dir möglich ist, wenn sie ihre guten Tage hat und mit ihrer Liebe nur so um sich schmeißt. Sei geduldig – wie am Anfang. Sie macht nichts in böser Absicht oder, um uns zu verletzen. Wir müssen stark für sie bleiben und versuchen daran festzuhalten, dass sie uns braucht.

You never walk alone…

In meiner Verzweiflung habe ich mich also auf Twitter an andere Väter gewandt. Und siehe da: Es gibt sie, die leidende Truppe. Auf dem „Gewünschtestes Wunschkind“-Blog fand hierzu nämlich eine kleine Blogparade unter dem Motto „Wenn das Baby den Papa ablehnt“ statt. Das hat wirklich prima gepasst.

 

Im Beitrag erklärt Snowqueen nämlich, wie es dazu kommt, dass das Baby den „Papa ablehnt“ und, dass es absolut natürlich ist. Es hat nichts damit zu tun, dass er „nur“ der Papa ist, sondern, dass die Mama eben ein klein bisschen besser auf die Bedürfnisse eingehen konnte (in diesem Fall. Es geht auch umgekehrt). Was auch kein Wunder ist. Immerhin habe ich Claire 6 Monate gestillt, war das erste Jahr bei ihr, bin die emotionalere von uns beiden. Damit habe ich mich zur Bindungsperson 1 katapultiert und Papa, der immer arbeiten musste, ist eben zur Nummer 2 geworden.

„Die Person, die seine Signale am feinfühligsten erkennt und ihm gibt, was es braucht, wird nach und nach zur Bindungsperson Nummer 1.“ (Snowqueen)

Dass es den Papas aber an die Nieren gehen kann, wenn sie „nur“ die Nummer 2 sind, hat Grafgrau sehr schön aufgegriffen. Aber er hat auch gezeigt, dass es sich wandelt. Dass es tatsächlich den Moment gibt, indem alles wieder ein wenig ausgeglichener ist. Grafgrau scheint sich mit dem Nummer 2-Dasein arrangiert zu haben. Es spricht anderen Vätern (oder Nummer 2en) Mut zu, sich einfach weiter zu engagieren, Zeit mit dem Kind zu verbringen. Denn Kinder könnt ihr mit nichts anderem kaufen, als Zeit 🙂

„Die Familie (oder Erwachsene mit Kind in jedweder Konstellation) passen sich kontinuierlich wieder an die neue Situation an, finden einen gemeinsamen Weg für die gemeinsame Zeit und damit ändern sich auch die Beziehungen zueinander, so dass auch die Prioritäten neu verteilt werden. Also, nur Mut. Dranbleiben Nummer 2.“ (Grafgrau)

Auf meinen Tweet hin hat die liebe Reni von Mamis-Blog einen Beitrag über Papas und das Nummern-Problem verfasst. In „Papa ist (nicht) so wichtig“ beschreibt sie ihre Situation, die ganz schön schwierig durch einen schnellen Job-Einstieg war. Und sie macht Mut:

Wenn das Kleinkind genügend Mama ‘getankt’ hat, widmet es sich von ganz allein dem Papa. Denn Mama ist eben die, die es von Anfang an kennt, die Geborgenheit und Sicherheit spendet, weil sie es ist, die das Kind von Anfang an kennt. Es ist natürlich eine harte Zeit, die der Papa bis dahin durchmacht. Denn es tut weh, abgelehnt zu werden und sich nicht geliebt zu fühlen. Das Schlimmste ist, es persönlich zu nehmen, denn dadurch steigt die Unzufriedenheit, was das Kind auch wieder spürt und sich noch mehr an Mama klammert“

Geduld, Liebe, Vertrauen

Ermutigt von diesen Beiträgen habe ich Michael die Links weitergegeben. Und so ein bisschen blieb auch was hängen:

„Ich habe gelesen, dass man immer dran bleiben muss. Man dem Kind immer zeigen muss, dass man es lieb hat und keinesfalls aufgeben. Einfach geduldiger sein. Das möchte ich jetzt probieren. So ein bisschen besser läuft es ja jetzt auch… Ich gebe mir Mühe. Am schwierigsten ist es die Zurückweisung vom eigenen Kind zu akzeptieren. Da muss ich wohl durch.“ (Michael)

Es ist bestimmt nicht leicht die Nummer 2 zu sein, genauso, wie es oft nicht leicht ist, die Nummer 1 zu sein. Aber wir sind nun mal nicht Eltern geworden, weil es leicht ist, sondern, weil wir uns entschieden haben einem kleinen Menschen so viel Liebe wie nur möglich auf den Weg mitzugeben. Dazu gehören auch Geduld, Verständnis und Vertrauen. Liebe Papas: Haltet durch! Bleibt geduldig, zeigt eurem Kind jeden Tag, dass ihr es liebt (mit Zeit, nicht Geschenken). Habt Vertrauen darauf, dass sich das Blatt auch eines Tages wenden wird. Liebe kann man nicht einfangen und erzwingen. Sie muss von allein auf euch zukommen. Wer aber Liebe gibt, wird sie sicherlich eines Tages zurückerhalten.

 

PS: Hasi, du bist der weltbeste Papa den ich mir für Claire wünschen kann. Sie kann sich glücklich schätzen, dass sie dich hat. Und ich bin froh, dich an meiner Seite zu wissen…