Die Königin der Orchard Street

Autorin: Susan Jane Gilman

Erscheinungsdatum: 07.März 2015

ISBN: 978-3458176251

Verlag: Insel Verlag

(Gastrezension)

Susan Jane Gilman schreibt für „The New York Times“, „The Los Angeles Times“ und „Ms. Magazine“. Drei Sachbücher wurden erfolgreich von ihr veröffentlicht, bevor sie nun ihren ersten Roman „Die Königin der Orchard Street“ auf den deutschen Markt brachte.

Cover:

Das Cover fiel mir sofort durch das kleine Mädchen auf. Es schaut einen direkt an, mit einem wachen, leicht traurigen Ausdruck in den Augen. Sie sitzt auf einer Treppe, neben ihr auf der Straße fährt eine alte Pferdekutsche.

Im Hintergrund sieht man einen alten New Yorker Stadtteil, mit einer Brücke und Hochhäusern, die die Straße einsäumen.

Für mich ist es sehr ansprechend gestaltet und passt perfekt zum Inhalt des Buches.

Klappentext:

Foto: Lena Wilczynski

„New York, 1913. Die kleine Malka lebt mitten im Trubel der dicht gedrängten Straßen und übervölkerten Mietskasernen im Einwandererviertel auf der Lower East Side. Die meisten hier sind arm, haben zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel, leben von der Hand in den Mund. Doch listig und raffiniert, wie sie ist, lernt Malka schnell, sich im Viertel durchzuschlagen. Und genau da, mitten im abenteuerlichen Gemenge, wo die jiddischen und italienischen Rufe der fahrenden Händler durch die Straßen schallen, wendet sich Malkas Schicksal. Denn dort trifft sie Papa Dinello, der sie in das köstlichste Geheimnis der Welt einweiht: das Wunder der Eiscreme, die Verführung der süßen Magie. Für Malka beginnt eine wahre Tour de Force durch das Leben – und aus dem pfiffigen und erfinderischen Mädchen wird die Grand Dame Lillian Dunkle, die »Eiskönigin von Amerika« und berühmt-berüchtigte Herrscherin über ein Eiscreme-Imperium …“

Inhalt:

Das Buch ist eine aufrichtige, authentische Erzählung über eine Familie, die als russische Einwanderer in Amerika ihr Leben verbessern wollen. Ganz besonders ansprechend finde ich es, dass die Autorin die Lebensumstände um Malka und ihre Familie nicht beschönigt, sondern realistisch beschreibt.

Mitten im Geschehen dreht sich alles um die Protagonistin Malka. Sie ist ein Kind, welches in ärmlichen, schwierigen Verhältnissen aufwächst. Ihre Mutter zeigt ihren Kindern gegenüber wenig Zuneigun, der Vater hat wenig Zeit sich um die Kinder zu kümmern. Nach einem schweren Unfall hat sie eine dauerhafte Gehbehinderung und wird viel gehänselt, geärgert teils sogar geächtet. In dieser Zeit verlassen sowohl der Vater als auch die Mutter aus verschiedenen Gründen die Kinder. Malka hat das Glück bei der Familie Dinello aufgenommen zu werden. Dies ist eine bedeutende Tatsache für ihr späteres Leben. Das kleine Mädchen ist auf der Suche nach Geborgenheit, Anerkennung und Halt. Diese findet sie nach und nach in der Familie Dinello. Sie ist ein manchmal vorlaut, hat ein freches, fröhliches und sympathisches Naturell. Ich habe sie gleich in mein Herz geschlossen 🙂

Während des Buchs entwickelt sich Malka nach ihrer Hochzeit zu Lilian Dunkle. Der Charakter ändert sich wesentlich, sie wird zu einer reichen, kühlen, teils berechnenden und verbitterten älteren Dame. Die Veränderungen sind jedoch für alle aufgrund der Lebensumstände gut nachvollziehbar. Die Entwicklung der Protagonistin macht einen großen Teil des Romans aus, was mir persönlich sehr gut gefallen hat. Die Autorin hat sich hier viel Zeit genommen und viele Details beschrieben.

Interessant fand ich auch, dass die ältere Lilian obwohl oder gerade, weil sie viel für ihren Lebensstandard gearbeitet hatte, einige Neider hat. Das ist heute ein sehr ausgeprägter Zug der Gesellschaft, finde ich.

Malkas Leben hat mich berührt und auch in Lilians Situation konnte ich mich, durch die intensiv geschilderte Erzählung der Autorin, gut hineinversetzen.

Auch die weiteren Charaktere wurden authentisch beschrieben und weiterentwickelt.

Lediglich interessiert hätte mich noch der weitere Verbleib der Mutter von Malka, worüber man leider nicht viel erfährt.

Aufbau/Struktur/Stil:

Die Geschichte wird aus Lilians Sicht erzählt, wobei sie auf zwei Zeitebenen, in Vergangenheit und Gegenwart, unterteilt ist.

Susan Jane Gilman beschreibt die Szenen und Gefühle sehr bildlich und authentisch. Der teils ironische Unterton an manch einer Stelle hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt vielleicht leichte verbitterte Züge der älteren Frau, zeugt aber auch von einer realistischen Lebenserfahrung.

Die historischen Begebenheiten hat die Autorin sehr detailliert und genau recherchiert und flüssig in die Handlungen der Geschichte eingebaut.

Über das ganze Buch gelingt es ihr einen guten Spannungsbogen aufzubauen. Interessant fand ich es auch viel neues über die damalige Lebenssituation von Einwanderfamilie zu erfahren. Auch in die Herstellung von Eis bekam ich einen tieferen Einblick.

Fazit:

Ein anspruchsvolles, authentisches und bewegendes Buch über ein junges Mädchen, das sich mit viel Tatendrang und Kampfgeist zu einer bedeutenden Frau, der „Eiskönigin“, entwickelt!! Sehr empfehlenswert.

Ich gebe fünf von fünf Sternen.

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