Lieber Bürgermeister der Stadt Bonn. Wir sind im Juli letzten Jahres zugezogen und wünschten uns mittlerweile, wir hätten es nicht getan. Die Stadt wirkt nach außen schön, mit seinen schicken Wanderwegen entlang des Rheins. Das Bummeln in der Stadt und über den Weihnachtsmarkt macht durchaus Spaß. Viele sind von Bonn begeistert. Eine schöne Stadt, um zu leben, sei sie, die alte Bundesstadt. Für uns nicht. Wir sind eine kleine zugezogene Familie und fühlen uns im Stich gelassen. Die Stadt wirbt mit Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich frage mich WO DENN? Wenn Mütter darüber nachdenken, ihren Job aufzugeben, um dem KITA-Platz-Mangel entgegenzuwirken, wenn KITA Kosten knapp 50% des Netto-Lohns ausmachen, wie soll da Vereinbarkeit funktionieren?

Bürgermeister-Bonn_blog

Horrende Kita-Gebühren gegen wenig Leistung

Wir sind sauer. So richtig. Besonders über die Situation in unserer Kita. Es gibt viele interne Probleme, die zu bemängeln wären. Darüber möchte ich aber heute nicht schreiben. Viele Probleme ergeben sich aus der Grundproblematik heraus: Bonn hat zu wenig Erzieher. Die qualitativ hochwertige Betreuung ist trotz horrender KITA-Gebühren nicht gesichert. Ständig werden Ausfälle beklagt,“ Chaos bricht aus, sobald zwei Kräfte fehlen“.

Unsere KITA steht aktuell ohne Leitung da. Zeit genug hatte die Stadt eine neue Leitung ausfindig zu machen. Sie hat es nicht hinbekommen. Ständig kündigen Erzieher ihren Job. Oder werden krank. Dann ist ein Notstand in unserer KITA ausgebrochen. Es wurde täglich darum gebeten die Kinder früher heim zu holen oder – wenn möglich – gar nicht erst in die KITA abzugeben. Dabei zahlen wir aber die Beiträge weiter! Eltern werden gebeten einzuspringen. Für Lau versteht sich. Bezahlt werden sie nicht. Im Gegenteil, sie werden ja weiterhin dazu angehalten die Gebühren zu tragen. Ist das, das Bild der Stadt Bonns eines gerechten Sozialstaats? Die Eltern werden ohnehin schon ausgebeutet und sollen sich dann mit derartigen Situationen zufrieden geben? Erst letztes Jahr brach eine Notsituation aus, weil die KITA-Mitarbeiter gestreikt hatten. Die zusätzlichen Gebühren für überbrückende Betreuungsplätze hat sie aber nicht bezahlt, oder? Zumindest nicht, wenn es, nach dem Klagen der Eltern auf dem Spielplatz geht. Unsere Maus ging zu der Zeit Gott sei Dank noch nicht in die Kita.

Die Bonner Eltern zahlen also, um keine Leistung zu erhalten und müssen teilweise noch selber Leistung erbringen. Oder sogar mehr zahlen, um eine adäquate Betreuung gewährleisten zu können.

Ist das wirklich das, was die Stadt Bonn erreichen will? Der Personalmangel scheint kein plötzlicher Zufall zu sein. Schon länger gibt es Schwierigkeiten in der Betreuungssituation. Wieso wurde nicht entsprechend gehandelt?

Keine Wertschätzung von Menschenleben

Wieso werden die Verträge von fähigen Mitarbeitern nicht verlängert? So, wie es bei uns in der KITA aktuell der Fall ist. Ein Erzieher den die Kinder lieben und die Eltern schätzen wird entlassen. Eine Unterschriftenaktion verpufft. Das interessiert in Bonn niemanden. Die Bemühungen des Elternrates bleiben ohne Frucht. Es sei eine Entscheidung der Stadt Bonn, man bittet uns um unser Verständnis. Ähm. Nein?! Erst werden wir komplett ausgeschlossen, dann sollen wir das auch noch verstehen. Was genau soll ein Elternrat denn eigentlich machen, wenn er ignoriert wird? Aber es wurde ja „jemand neues“ eingestellt. Ein Ersatz sozusagen.

Ja reden wir hier denn von defekten Glühbirnen, die man eben ersetzen kann? Was ist mit MENSCHEN, den Bindungen, den Emotionen?

Sowas hat natürlich kein Platz bei Beamten.Ohne Passierschein A38 kommt man hier nicht weiter. Ohne Nachdenken allerdings auch nich t! Was hilft ein Ersatz für einen Kollegen, wenn es generell an Personal fehlt? Es sollte nicht ersetzt sondern aufgestockt werden. Steht das nicht auf euren Formularen drauf? Muss man euch 1-1 = 0 denn wirklich vorrechnen?

Wieso wird nicht dafür gesorgt, dass der Beruf für die Bonner attraktiver wird? Es ist einerseits schön, dass mehrere U3-Plätze geschaffen worden sind, andererseits bringt es aber nichts, wenn nicht entsprechend Personal vorhanden ist. Was versucht Bonn aktuell, um die Situation zu entschärfen? Wer rettet die Eltern? Die Mühlen mahlen extrem langsam. Wenn es aber darum geht Geld einzutreiben und moralisch unrechtmäßige Deadlines zu setzen, da ist die Stadt sehr schnell (da spreche ich aus Erfahrung).

Zu wenig Personal führt zu großen Schlampereien

In unserem persönlichen Fall leiden wir aktuell unter der Schlamperei der Stadt. Unser Antrag wurde ewig nicht weitergereicht. Die KITA schiebt es auf die Stadt, die Stadt auf die KITA. Leidtragende sind wir, denn plötzlich müssen wir eine horrende Summe bezahlen. (Wer sich fragt, warum wir nichts zurückgelegt hatten – das erklärt sich schnell: Der Arbeitgeber hatte sich bereit erklärt die Summe zu übernehmen. Das galt allerdings nur fürs Kalenderjahr indem der Bescheid auch erstellt wird. Da der Bescheid trotz mehrmaliger Aufforderung, Mailverkehr und Anrufen mit großer Verspätung erst im Januar ankam, wurden die Kosten rückwirkend nicht mehr übernommen. Damit hatten wir nicht gerechnet). Die Berechnung hat mehrere Monate gedauert.

Im Juli war die Maus angemeldet. Mitte Januar kam der Bescheid. Zum März soll die Nachzahlung bereits erfolgen.

Im vierstelligen Betrag. Jetzt geht es plötzlich schnell. Danke auch. Klar, geht ja auch um Geld für die Stadt. Immerhin dürfen wir in 3 Raten bezahlen Ist ja dann sozial genug, oder? Plündern wir jetzt das Sparbuch unserer Maus, nehmen wir ein Kredit auf, oder gehen wir in den Dispot? Total fair.

Das typische System: Wenn die Stadt Geld will ist sie schnell, unnachgiebig und verschickt in Windeseile Zahlungsaufforderungen und Mahnungen. Soll die Stadt investieren, geht plötzlich gar nichts mehr voran. Würde mich jemand fragen, würde ich davon abraten nach Bonn zu ziehen. Wir sind stark enttäuscht, fühlen uns als Eltern vor den Kopf gestoßen und beginnen auch zu verzweifeln: Wie soll das nun alles werden? Ist mein Kind überhaupt noch gut in der KITA aufgehoben, oder sind die Erzieher derart überfordert, dass sie eine Gefahrenquelle darstellt?

Ist mein Kind in guten Händen?

Als Mutter möchte ich guten Gewissens arbeiten gehen können. Ich möchte mein Kind in Sicherheit wissen, wissen, dass es ihm gut geht. Die Gewissensbisse, das Kind Vollzeit abgeben zu müssen sind ohnehin schon groß genug. Könnte die Stadt dann bitteschön dafür sorgen, dass man sich nicht um Existenzielles sorgen muss? Wir überlegen, ob wir ein zweites Kind bekommen sollen. Dann aber bitte nicht in dieser Stadt.

Bonn? Nein Danke. Wir haben schon jetzt genug davon. Und es wird langfristig wohl nicht besser. Eher schlimmer, denn die Zustände der Betreuung für Schulkinder verschärft sich wohl.

Wir sind traurig, dass wir unseren Lebensmittelpunkt nach Bonn gelegt haben, denn wir sehen hier keine Zukunft für uns. Was wir sehen ist die Verzweiflung von Eltern.

Unsere eigene Verzweiflung und der Zorn. Sehr viel Zorn. Lieber Bürgermeister, willst du das weiter tot schweigen und in der nächsten Wahlperiode dann mit Lügengeschichten schmeicheln oder willst du verdammt nochmal was tun?!

PS: Die Wahrheit über den angeblichen „Fachkräftemangel“ hat Erzieherin Vanja verbloggt. Es fehlen nicht die Kräfte, sondern der Wille gut zu bezahlen. So isset!