Schon nach den ersten 20 Seiten hatte ich bei Liebes Herz Tränen in den Augen. Es ist kein schlichter Liebesroman, wie erwartet. Er wühlt tief, zeigt die Gesellschaft von der hässlichen Seite. Wirkt ehrlich, nah dran und authentisch…
Der Liebesroman rief eine unbändige Sehnsucht nach meiner Tochter hervor…
Klappentext: Betsy fehlt. Ganz gleich, was Susa, Laura und Wilma auch tun oder woran sie denken. Der Tod ihrer besten Freundin kam vollkommen überraschend und er hat ein riesiges Loch gerissen. Nur die Suche nach dem Vater der kleinen Emmi, Betsys Tochter, kann die Freundinnen schließlich dazu bewegen, wie jedes Jahr in die Toskana zu reisen. Hier finden sie am Ende noch viel mehr: eine Antwort auf die Frage nach dem Warum, einen Weg zurück ins Leben und die große, schicksalhafte Liebe.
Liebes Herz
Anja Saskia Beyer
Cover: Als ich das Buchcover gesehen habe, wusste ich, dass ich das Buch lesen muss. Es hat auf eine locker-leichte Liebesschnulze hingedeutet: leicht-florales Muster, Pastelltöne und dazu der Titel „Liebes Herz“ – für mich war defintiv klar, dass es sich um einen Roman für den Kuschelabend auf der Couch handeln musste. Allerdings habe ich mich geirrt: Außen hui, innen…. Nein, nicht pfui.,.. aber… Ouch!
(Achtung, enthält einen kleinen Spoiler bzgl. des Todesursache)
Inhalt: Die Liebesgeschichte bildet nur einen Bestandteil der Geschichte. Viel intensiver als das kleine Liebesdrama, was sich abzeichnet, empfand ich ein anderes Thema: Depressionen. Betsy hat sich umgebracht. Sie hatte Depressionen und konnte nicht weiter machen. Zurück ließ sie ein kleines Mädchen, Emily. Gerade mal 5 Jahre alt muss sie nun ohne mutter klar kommen. Für mich als junge Mutter natürlich ein wirklich heftiges Buch. Jedes Mal, wenn sich die Sehnsucht der kleinen Maus nach ihrer Mutter abzeichnete, musste ich unwegerlich an meine Tochter denken und die Tränen flossen in Strömen. Man mag sich nicht vorstellen, wie kaputt ein Mensch sein muss, wenn er sein eigenes Kind aufgibt. Beziehungsweise, wenn er sein Leben beendet und das Kind zurück lässt. Diese Thematik zieht sich durch das ganze Buch und auf den ersten Seiten habe ich wirklich bittere Tränen vergossen. Zum Ende des Buches hin – die Freundinnen kommen Betsys Geheimnis und Motiv immer mehr auf die Spur – wird es zum Glüclk besser. Das ganze Buch hinweg bleibt die Frage: WARUM!? Warum hat sie das getan. Und das macht es so spannend zu lesen. Wir haben hier keine Standard-Liebesgeschichte, sondern werden mit einem sehr ernsten Thema konfrontiert. Ich versuche mal zu erklären…
Es mag seltsam erscheinen, Themen wie Siuzid und Depressionen in einer Liebesgeschichte zu verpacken. Ich finde das allerdings genial. Die Autorin macht somit auf eine Krankheit aufmerksam, die leider oftmals tot geschwiegen wird! Im gleichen Moment nimmt sie dem beängstigenden Thema aber auch ein wenig von seiner Brutalität, indem immer wieder Hoffnung und Liebe aufkeimen. Das ist auch gut so. So trauen sich vielleicht deutlich mehr Menschen an das Buch heran. Ein reines Buch über die Leidensgeschichte hätte vielleicht nur Betroffene und Angehörige erreicht. So erreicht Autorin Anja Saskia Beyer aber eine viel größeres Publikum und verschafft sich zeitgleich Gehört für die Krankheit. Sie macht deutlich, dass man sich nicht verstecken muss, wenn man daran leidet. Dass man offen damit umgehen muss, denn sonst bringt die Krankheit den Menschen tatsächlich um. Die Angst, die in den Depressionen entwickelt wird, macht blind, handlungsunfähig, nimmt jegliche Vernunft…
Aufbau und Struktur: Es ist kein Problem dem Buch zu folgen, auch, wenn die Perspektiven hin und wieder wechseln. Die Geschichte wird aus der Sicht der vier Freundinnen erzählt. Jede hat ihre eigenen Sorgen, Ängst und Wünsche. Jede versucht anders mit dem Tod klar zu kommen. Dank der unterschiedlichen Typen und Perspektiven fällt es aber nicht schwer, dem handlungsverlauf zu folgen. Eine komplexe Struktur wäre auch zu „mächtig“ für das Buch gewesen. Die Schwere wird bereits von der Depressionen eingenommen, da ist ein leichter Aufbau eine gute Ergänzung, um den leser bei der Stange zu halten.
Stil: Ich mag ihren Stil. Eigentlich kann ich auch gar nicht viel mehr darüber sagen. Das ist ja immer rein subjektives Empfinden, finde ich. Es macht Spaß das Buch zu lesen, es tut weh das Buch zu lesen. Das Buch löst Emotionen aus. Die Autorin löst Emotionen aus. Sie hat es richtig gemacht.
Gesamteindruck: Das Buch bringt clever zwei große Themen der Gesellschaft zusammen. Die Liebe wird ausgelebt, die Depressionen eher versteckt und schön geredet. Ich finde es gut, dass der Leser mit beidem konfrontiert wird, das Thema jedoch ganz sachte serviert bekommt. Er kann sich so damit auseinandersetzen, ohne überfordert zu werden. Das Buch verdient volle 5 von 5 Funkelchen.
PS: Wer sich mit dem Thema Depressionen, vor allem Wochenbettdepressionen bei Müttern interessiert, sollte bei Allerlei Themen vorbeischauen 🙂